Experten hegen Zweifel an Union-Plan

  12 Juli 2020    Gelesen: 606
Experten hegen Zweifel an Union-Plan

In zwei Monaten will Union Berlin vor vollen Stadion in die neue Bundesliga-Saison starten. Was manche Politiker "grotesk" nennen, stößt beim Berliner Senat auf offene Ohren. Auch Wissenschaftler wie der Virologe Schmidt-Chanasit haben noch viele Fragen.

Der Plan des Bundesligisten Union Berlin, ab kommender Saison wieder vor vollen Rängen Fußball zu spielen, sorgt für Skepsis. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit hat Zweifel an der Machbarkeit des Plans, alle Fans vor dem Spiel auf das Coronavirus zu testen. "Weil der Test nur eine Momentaufnahme ist, ist aber nicht ausgeschlossen, dass trotzdem Zuschauer nach 24 Stunden positiv werden und somit andere Zuschauer im Stadion anstecken können", sagte Schmidt-Chanasit der "Bild am Sonntag". Die Bewältigung der Menge von rund 22.000 Tests hält er dagegen für kein Problem.

Klaus-Dieter Zastrow vom Hygieneinstitut Berlin brachte jeweils zwei Tests für Fans vor dem Spiel als eine mögliche sicherere Variante ins Gespräch. "Das wäre grundsätzlich technisch möglich. Mit so getesteten Fans wäre Fußball mit vollem Stadion und Fangesängen auch zu verantworten", sagte er dem Blatt. Allerdings hält Zastrow den organisatorischen Aufwand für zu groß. "Allein die Zahl der erforderlichen Tests bringt die Berliner Labors an ihre Grenzen, das ginge nur mit Sonderschichten", urteilte der Professor.

Der Berliner CDU-Gesundheitspolitiker Tim-Christopher Zeelen bezeichnete es als "nahezu grotesk, jeden Zuschauer vorab testen zu lassen". Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus sagte: "Wer soll die Tests durchführen? Wer soll das am Einlass kontrollieren? Alles Fragen, die unbeantwortet bleiben", so Zeelen. "Deshalb halte ich die Diskussion zu diesem Thema für vollkommen verfrüht."

DFB-Präsident verfolgt ähnliche Ideen

Für ihn sei im nächsten Schritt entscheidend, "dass unsere Kinder wieder zurück in die Kitas und Schulen können, und unsere Senioren in den Pflegeeinrichtungen zu schützen." Dafür würden die geschaffenen Testkapazitäten gebraucht. "Sie haben in jedem Fall Vorrang vor jeglicher Freizeitaktivität", betonte Zeelen.

Berlins Sportsenator Andreas Geisel hatte sich offen für die gezeigt. "Wir verstehen Unions Ambitionen", sagte der SPD-Politiker. "Wir werden uns zeitnah mit der Vereinsführung treffen, um über das Konzept zu sprechen." Der Berliner AfD-Sportexperte Frank Scheermesser erklärte, dass seine Partei die Initiative von Union "ausdrücklich unterstützen" werde.

Auch DFB-Präsident Fritz Keller macht sich für eine zeitnahe Rückkehr der Zuschauer in die Stadien der Fußball-Bundesliga stark. "Wir müssen alles daran setzen, dass wir wieder Zuschauer in die Stadien reinkriegen", sagte der 63-Jährige dem SWR. Er und der DFB seien diesbezüglich im regelmäßigen Austausch mit dem Gesundheitsminister und der Bundesregierung. "Mein Traum wäre es, über Testungen, vielleicht irgendwann mal ein volles Stadion zu kriegen", sagte der ehemalige Präsident des SC Freiburg. Mit den Tests könne im Idealfall dafür gesorgt werden, dass es im Stadion keine Ansteckungsgefahr gibt, so Keller weiter. "Über allem" stehe bei den Plänen und Überlegungen aber immer die Gesundheit der Menschen, betonte er.

Mit seinem in Deutschland bislang einmaligen Vorhaben sorgt Union für mächtigen Wirbel. Der Club will "spätestens" ab dem ersten Spieltag der kommenden Saison - also ab Mitte September - wieder eine "Vollauslastung" seines Stadions erreichen. Dazu soll es umfassende Tests auf das Coronavirus für alle Stadionbesucher geben. Das Konzept will der Club gemeinsam mit dem Berliner Senat und dem zuständigen Gesundheitsamt des Stadtbezirks Treptow-Köpenick ausarbeiten.

Quelle: ntv.de, jog/dpa


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