In den USA soll die erste Todesstrafe auf Bundesebene seit fast 20 Jahren vollstreckt werden. Daniel Lewis Lee soll noch am Montag in Indiana hingerichtet werden. Ein US-Berufungsgericht hat die einstweilige Verfügung gegen die Hinrichtung aufgehoben, sagte ein Anwalt der Familie.
Am Freitag hatte ein Bundesgericht die Vollstreckung blockiert. Es gab einem Antrag von Angehörigen der Opfer Lees statt. Sie hatten argumentiert, dass sie ihr Recht, der Exekution beizuwohnen, aus Furcht vor Ansteckung mit dem Coronavirus nicht wahrnehmen könnten. Daniel Lewis Lee, ein ehemaliger Rechtsextremer, hatte 1996 eine dreiköpfige Familie, darunter ein achtjähriges Mädchen, getötet. Dafür wurde er wegen Mordes verurteilt.
Vorwurf der konstruierten Dringlichkeit
Kritiker bezeichnen die Entscheidung, die Hinrichtung durchzuführen als gefährlichen und politischen Schachzug. Sie argumentieren, die Regierung schaffe eine unnötige und konstruierte Dringlichkeit bei einem Thema, das derzeit nicht ganz oben auf der Liste der US-amerikanischen Probleme stehe. Die Angehörigen der Opfer kündigten an, gegen die Entscheidung, die Hinrichtung stattfinden zu lassen, beim Supreme Court Rechtsmittel einzulegen.
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP hatte Justizminister William Barr in der vergangenen Woche gesagt, das Justizministerium habe die Pflicht, die von den Gerichten verhängten Strafen, einschließlich der Todesstrafe, zu vollstrecken. Damit solle den Opfern und den Menschen in den Gemeinden, in denen die Morde geschahen, ein Gefühl des Abschlusses vermittelt werden. Die Verwandten von Lees Opfern widersprechen dem jedoch. Sie fordern, die Todesstrafe des Mörders in lebenslange Haft umzuwandeln. Bei der Exekution wollen sie vor Ort sein, um zu zeigen, dass dies nicht in ihrem Namen geschieht.
Familie in "unhaltbarer Lage"
Dafür müssten die Angehörigen jedoch Tausende von Kilometern zurücklegen. Außerdem müssten sie der Hinrichtung in einem kleinen Raum beiwohnen, in dem es praktisch unmöglich sei, Abstandsregeln einzuhalten. Die US-Bundesgefängnisse hatten in den letzten Monaten Probleme gehabt, die steigende Zahl der Coronavirus-Fälle hinter Gittern einzudämmen. Derzeit gibt es laut Bundesstatistik vier bestätigte Coronavirus-Fälle und einen Todesfall unter den Insassen des Gefängnisses von Terre Haute, in dem Lee sitzt.
"Die Bundesregierung hat diese Familie in die unhaltbare Lage gebracht, zwischen ihrem Recht, Zeuge von Danny Lees Hinrichtung zu sein, und ihrer eigenen Gesundheit und Sicherheit zu wählen'', sagte der Anwalt der Familie.
Ende Juni hatte das Oberste Gericht der USA den Weg zur Wiederaufnahme von Hinrichtungen auf Bundesebene geebnet. Während viele US-Bundesstaaten die Todesstrafe vollstrecken, hat es auf Bundesebene seit 2003 keine Hinrichtung mehr gegeben. Die Todesstrafe wurde seitdem zwar weiter verhängt, aber nicht vollstreckt.
spiegel
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