BMW M2 CS Racing - Doping für den Track

  13 Juli 2020    Gelesen: 969
  BMW M2 CS Racing - Doping für den Track

Während bereits der BMW M2 CS gegen jede politische Correctness verstößt, ist kein anderes Auto der Münchner so konsequent auf Fahrspaß ausgelegt, wie der kleine Kraftmeier. Doch mit der Rennversion für den Kundensport legt die M GmbH noch eine Schippe drauf.

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung in Hohenstein-Ernstthal, und um elf hat sich daran noch nichts geändert. Denn im Süden von Sachsen braucht es keinen Corona-Lockdown für Ruhe und Beschaulichkeit. Doch dann zerreißt ein Sechszylinder-Brüllen die Stille in Karl Mays Geburtsstadt, ein BMW M2 CS wischt durchs Bild und stürmt mit zunehmendem Tempo den Hügel hinauf aus dem beschaulichen Ort.

Die schärfste Version des kleinsten M-Modells, mit der sich die aktuelle Generation des kräftigen Coupés gerade in den Ruhestand verabschiedet, ist so etwas wie der ausgestreckte Mittelfinger, den BMW nicht nur Mercedes-AMG und Audi Sport entgegen reckt, sondern gleich auch den Klimakümmerern und Baumkuschlern. Denn einzig und allein der Freude am Fahren verpflichtet, mit dem auf 450 PS und 550 Newtonmeter gesteigerten Dreiliter-Motor. Provozierend potent, vorlaut und mit dem Fahrwerk aus dem M3 wunderbar ungehobelt, verlacht die 95.000 Euro teure Sonderserie jede Political Correctness und rotzt der Kritik nur ein heiseres Röhren entgegen.

Und das ist erst das Vorspiel. Denn der blaue Bayer ist auf dem Weg an den Sachsenring, und dort steht auf hydraulischen Stempeln sein scharfer Bruder in der Box und macht sich mit Heizdecken auf den Slicks warm für eine Runde Frühsport unter verschärften Bedingungen. M2 CS Racing steht über dem Rolltor und wenn es sich öffnet, sieht man einen Bodybuilder im Wettkampfdress, das sich über den Muskeln spannt wie ein Shirt von Arnold Schwarzenegger in seinen besten Tagen. Vorhang auf und Bühne frei für ein Auto, mit dem die M GmbH ganz nah bei ihren Wurzeln bleibt und besonders eiligen BMW-Kunden einen waschechten Rennwagen für die Rundstrecke anbietet.

Nur gucken ist nicht

Aber nur gucken ist nicht. Freundlich öffnet ein Mechaniker die Tür zu einer Kabine, die leer ist wie der Stadtsäckel von Hohenstein-Ernstthal: Ein Mini-Cockpit und ein Käfig, der Fahrersitz und sonst jede Menge Nichts – das ist alles, was der CS Racing zu bieten hat. Rückbank? Beifahrersitz? Überflüssiger Ballast. Und wer braucht schon Zierkonsolen oder Türverkleidungen? Geschweige denn einen Teppichboden? Der bekommt eh nur Flecken vom Adrenalin oder dem Angstschweiß!

Während der Gast noch staunt, wird er vom Zuschauer zum Hauptdarsteller und ein Mechaniker quetscht ihn mit Kraft und wenig Geduld durch den knappen Ausschnitt im Überrollkäfig, stopft ihn tief in die enge Sitzschale und zerrt dann so fest am Sechspunkt-Gurt, dass auch das letzte Lüftchen aus der Lunge entweicht und die Augen fast aus den Höhlen ploppen. Dann noch eine kurze Einweisung in die wenigen Schalter auf der arg beschnittenen Mittelkonsole und die Knöpfe auf dem Lenkrad, dann schließt sich die Tür, auf Knopfdruck fahren die Stempel ein und lassen den M2 CS Racing auf den Boden knallen und eines der ersten von über die Laufzeit wohl um die 200 Autos rollt bedächtig durch die Boxengasse.

Ein paar Schlenker nach links, einer paar nach rechts – auch wenn die Reifen schon warm sind, wird sich ja wohl auch der Fahrer noch warm machen dürfen und vertraut mit einer Lenkung, die sich mit so einem Motorsport-Steuer plötzlich viel direkter anfühlt als eben noch auf der Zufahrt zur Rennstrecke. Außerdem gewinnt man so einfach nochmal ein paar Sekunden Zeit.

Die Schonfrist ist vorbei

Doch irgendwann ist die Boxengasse zu Ende und mit ihr die Schonfrist und der M2 schießt in die erste Schikane: Mit einem Sound, der irgendwie befreit klingt, ohne den lästigen Partikelfilter kommt der Sechszylinder in Fahrt und eine nach der anderen flammen die Schaltleuchten im digitalen Cockpit auf, bis die zehnte und letzte feuerrot zum Griff an die Wippe mahnt. Klack, klack, klack – rasend schnell geht es nach oben mit der siebenstufigen Doppelkupplung und ihrem neuen Set-Up, und genauso schnell wieder runter. Schließlich geht’s jetzt um die Kurve und noch hat der Fahrer kein Gefühl dafür, wie spät man mit diesem Auto bremsen muss.

Aber mit jeder Kehre wächst die Bewunderung und mit ihr das Vertrauen in das noch präzisere Einlenkverhalten und die Haftkraft der Slicks, die sich pappend wie Pattex der Physik entgegenstemmen, als hätten sie von Querkraft noch nichts gehört. Mag schon sein, dass der Rennwagen mit Rücksicht auf das Reglement der meisten Serien auf 365 PS gedrosselt wurde. Doch was dem Racing an Dampf fehlen mag, das macht er mit seinem Biss mehr als wett und es raubt einem in jeder Hinsicht den Atem, wie schnell der Bayer um den Kurs stürmt. Erstens, weil man aus dem Staunen kaum mehr herauskommt, und zweitens, weil man eingeschnürt im Hosenträger-Gurt ohnehin nicht mehr Schnaufen kann.

So dreht man Runde um Runde und merkt, dass man auch dann Sport macht, wenn hier der Motor und nicht der Mensch den eigentlichen Kraftakt verrichtet. Denn schon nach ein paar Minuten sind die Hände feucht und als der M2 CS Racing das dritte Mal die Start-Ziel-Gerade passiert, werden schon langsam die Arme schwer. Doch ans Aussteigen mag man trotzdem nicht denken und schaut entsprechend traurig, als irgendwann doch eine Zielflagge aus dem Fangzaun wedelt und aus dem Funk nachdrücklich das Kommando zur Rückkehr quäkt.

Nicht für die Straße

Jetzt ist der Spaß also schon wieder vorbei. Denn so faszinierend der M2 CS zu fahren ist, hat die Sache einen Haken. Nein, nicht die 95.000 Euro plus Steuern, die BMW für den Rennwagen verlangt. Die sind gut angelegt, selbst wenn der M2 CS das Gleiche in Brutto kostet. Doch dem Corona-Geschenk sei Dank, ist der Rennwagen ja gerade noch einmal drei Prozent billiger geworden. Außer Nebensächlichkeiten wie der Rückbank oder der Mittelkonsole fehlt dem M2 CS Racing aber leider auch das Kennzeichen: Eine Straßenzulassung ist für diese Konfiguration partout nicht zu bekommen und den Weg von und zur Rennstrecke absolviert der Sportler deshalb im Schlepp auf dem Trailer.

Wer da an den M2 CS als Zugfahrzug denkt, weil der fast genauso viel Spaß macht, obendrein 16 Prozent billiger und einen Hauch alltagstauglicher ist, wird enttäuscht auf die Preisliste schauen. Nicht, dass die M GmbH an den Optionen sparen würde. Doch eine Anhängerkupplung gibt es nicht für Geld und gute Worte.

Quelle: ntv.de, Benjamin Bessinger, sp-x


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