Ärzte wollen keine Quarantäne-Wächter sein

  28 Auqust 2020    Gelesen: 431
Ärzte wollen keine Quarantäne-Wächter sein

Die Quarantäneregeln für Reiserückkehrer sind beschlossen - aber wer soll darauf achten, dass sich die Betroffenen daran halten? Deutschlands Ärzte haben da eine klare Meinung. Bei den Gesundheitsämtern soll diese Aufgabe jedenfalls nicht auch noch abgeladen werden.

Reiserückkehrer aus Corona-Risikogebieten sollen nach dem Willen von Ärztepräsident Klaus Reinhardt bei ihrer häuslichen Quarantäne durch Polizei oder Ordnungsämter überwacht werden. "Die Amtsärzte sind voll damit ausgelastet, Infektionsketten nachzuverfolgen und Quarantänemaßnahmen einzuleiten", sagte Reinhardt der Deutschen Presse-Agentur. "Die Überwachung und die Sanktionierung dieser Maßnahmen müssen andere übernehmen, zum Beispiel Polizei und Ordnungsämter."

Bund und Länder hatten am Donnerstag festgelegt, dass sich Rückkehrer aus Risikogebieten unverzüglich in die eigene Wohnung für eine 14-tägige Quarantäne zu begeben haben. Möglichst ab dem 1. Oktober soll die Selbstisolation vorzeitig beendet werden können - durch einen negativen Test frühestens ab dem fünften Tag nach der Rückkehr.

Reinhardt begrüßte, dass Bund und Länder ihren Anti-Corona-Kurs teils vereinheitlichten. "Sonst droht ein föderaler Flickenteppich, der die Menschen verwirrt", sagte er. "Es trägt auch nicht zur Akzeptanz der Präventionsmaßnahmen bei, dass sich Meldestrukturen und Quarantänebestimmungen der Gesundheitsämter teilweise sogar von Kommune zu Kommune unterscheiden", kritisierte der Ärztepräsident. "Wir brauchen bundesweit viel stärker aufeinander abgestimmte und konzertierte Entscheidungs- und Informationsstrukturen im öffentlichen Gesundheitsdienst."

Viele Gesundheitsämter arbeiten noch analog

Zögerlichkeit warf Reinhardt Bund und Ländern bei der angekündigten Stärkung der Gesundheitsämter vor: "Wir hätten uns gewünscht, dass sich Bund und Länder intensiver mit der Umsetzung des sogenannten Paktes für den öffentlichen Gesundheitsdienst beschäftigt hätten." Dieser Pakt wird derzeit von Bund und Ländern erarbeitet. Eine Konferenz bei Merkel am 8. September soll hier nächste Schritte einleiten. "Deutschland erlebt die größte Gesundheits- und Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte, und in vielen Gesundheitsämtern muss immer noch analog statt digital gearbeitet werden", kritisierte Reinhardt. "Und dass, obwohl die Pandemie ein hoch dynamisches Geschehen ist. Das muss sich ändern, und zwar sofort."

Reinhardt begrüßte das beschlossene befristete Verbot für bestimmte Großveranstaltungen. "Öffentliche und private Großveranstaltungen können schnell zu Infektionsherden werden", sagte er. "Bevor wir Schulschließungen oder sogar einen erneuten wirtschaftlichen Lockdown riskieren, sollten wir größere soziale Zusammenkünfte begrenzen", so Reinhardt. "Im Moment ist einfach nicht die Zeit für Jahrmärkte und Schützenfeste."

Das von Bund und Ländern angekündigte Ende der Kostenübernahme für freiwillige Tests von Reiserückkehrern aus Nicht-Risikogebieten sei angesichts der endlichen Ressourcen richtig und notwendig. "Die Teststrategie von Bund und Ländern sollte darüber hinaus neben anlassbezogenen Testungen auch vermehrt auf Schnelltests setzen", bekräftigte Reinhardt. Diese Tests lieferten bereits nach etwa einer Stunde ein Ergebnis. "Ärzte können Patienten direkt in den Praxen oder in Teststationen beraten und entsprechenden Quarantänemaßnahmen veranlassen."

Quelle: ntv.de, ino/dpa


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