Menschen, die eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben, sind nach Ansicht von Christian Drosten vor einer erneuten Erkrankung geschützt. Zumindest für den Zeitraum der gegenwärtigen Pandemie dürfte die Immunität anhalten, sagte der Virologe von der Berliner Charité in seinem ersten NDR-Podcast nach der Sommerpause. "Da bin ich sehr zuversichtlich." Im Ausnahmefall könne es möglicherweise bei erneutem Kontakt mit dem Virus zu einer neuerlichen, oberflächlichen Infektion kommen, eine schwere Lungenentzündung dürfte daraus aber nicht werden. Aufgrund der geringeren Viruskonzentration in solchen Fällen sollten daraus auch keine Infektionsketten mehr entstehen.
Die in den vergangenen Tagen berichteten Fälle von neuerlichen Infektionen bezeichnete Drosten als "Raritäten". Sie würden wahrscheinlich epidemiologisch, für die Verbreitung und für die Gefährlichkeit, nicht ins Gewicht fallen. Wissenschaftler würden von solchen Fällen in Mitteilungen berichten, Medien das aufgreifen und zahlreiche Fragen daraus ableiten, etwa hinsichtlich der Immunität oder der Wirksamkeit von Impfstoffen. "Das beschreibt nicht die medizinische Realität und den Normalfall."
Drosten kritisierte damit eine Studie aus Hongkong, die mit viel Öffentlichkeitsarbeit publiziert worden war. "Das ist alles nur Aufmerksamkeitsgeheische", sagte Drosten über die Studie zur weltweit ersten nachgewiesenen Wiederinfektion mit dem Coronavirus. "Es ist im Moment schwer zu sagen, wie viele Patienten das betreffen wird", sagte Drosten über die Wiederinfektion. Epidemiologisch werde es für die Verbreitung des Virus aber vermutlich nicht ins Gewicht fallen. Der Fall bedeute auch nicht, dass eine Impfung nicht wirken werde.
Schmerzgrenze aber realistisch: Fünf Tage Quarantäne
Zugleich befürwortete der Berliner Virologe eine Verkürzung der Quarantänezeit für Menschen mit Verdacht auf eine Coronainfektion: Statt 14 Tagen Pflicht zur Selbstisolation schlug er fünf Tage vor. Mit diesem Vorschlag gehe er "bis an die Schmerzgrenze der Epidemiologie", sagte er in seinem Podcast weiter. "Das ist schon, sagen wir mal, eine steile These, dass man sagt, nach fünf Tagen ist eigentlich die Infektiosität vorbei", so Drosten. Die Überlegung sei aber: "Was kann man denn in der Realität machen, damit man nicht einen de-facto-Lockdown hat?", erklärte er. "Es nützt ja nichts, wenn man alle möglichen Schulklassen, alle möglichen Arbeitsstätten unter wochenlanger Quarantäne hat." Drosten regte zudem an, die fünf Tage nicht für Tests zu "verschwenden", sondern erst nach Ablauf zu testen, ob die Betroffenen infiziert waren und noch infektiös sind.
Sein eigener Urlaub sei in diesem Pandemiejahr kurz gewesen. "Das war ein sehr arbeitsreicher Sommer für mich", erzählte der Chefvirologe der Berliner Charité. "Ich hatte nur zwei Wochen Urlaub." Er habe aber nicht so viel Grundlagenforschung betreiben können, sondern "sehr viele praktische Fragen" beantworten müssen, bei denen er im Hintergrund gearbeitet habe. Dabei sei es vor allem darum gegangen, wie nun zügiger auch Schnelltests möglich werden könnten. Das sei nicht so einfach, wie manchmal dargestellt werde. "Dahinter steckt ein großer regulativer Prozess, das Ganze muss gesetzeskonform sein." Seine praktische Hintergrundarbeit werde im Herbst wichtig.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/AFP
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