Lieber ein Flickenteppich als gar keine Fans

  03 September 2020    Gelesen: 610
  Lieber ein Flickenteppich als gar keine Fans

Ohne Ticketeinnahmen wird es eng für viele Klubs - egal in welchem Sport. Deshalb drängen die Vereine darauf, möglichst bald wieder vor Zuschauern spielen zu dürfen. Der Fan-Ausschluss bis Ende Oktober scheint nicht mehr zu halten.

Bei Corona-Fragen hört auch der deutsche Sport andächtig zu, was Kanzlerin Angela Merkel zu vermelden hat. Doch längst wissen die Klubs, dass im Kampf um ihre Existenz nicht alles von der politischen Großwetterlage in Berlin abhängt. Im Hintergrund basteln viele Vereine auch außerhalb des Fußballs an einer baldigen Rückkehr der Fans - so wie es Bundesligist RB Leipzig getan hat. "Wir sind deckungsgleich mit RB Leipzig unterwegs. Wir gehen davon aus, dass wir zum ersten Saisonspiel am 1. Oktober vor einer nennenswerten Anzahl von Zuschauern spielen werden", sagte DHfK Leipzigs Geschäftsführer Karsten Günther aus der Handball-Bundesliga.

"Der Basketball unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht vom Fußball", meinte auch Präsident Alexander Reil von der Basketball-Bundesliga, an jedem Standort werden "individuelle Lösungen und Konzepte erarbeitet". Dabei hätte die Stimmung auch pessimistischer ausfallen können. Vor einer Woche hatte der Bund-Länder-Gipfel in Berlin noch verkündet, dass der Profisport bis mindestens Ende Oktober generell auf Zuschauer verzichten müsse.

Doch die Klubs setzen auf Ausnahmegenehmigungen, auf die neuen Schutzverordnungen ihrer Länder und auf eine enge Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern. "Falsche Symbol-Politik" nannte Günther den Beschluss in Berlin und verwies auf die Verantwortung für die Sport- und Event-Branche. Andreas Michelmann, Sprecher von Teamsport-Deutschland, glaubt, dass man gerade wegen der föderalen Struktur "gut durch die Pandemie gekommen" sei. Für unterschiedliche Situationen brauche es unterschiedliche Lösungen: "Insofern kann Herr Söder nicht jedes Mal das bundesweite Tempo vorgeben."

Ungewöhnlicher Versuch macht Mut

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte noch in der vergangenen Woche gesagt, dass es beim Fußball "nicht sinnvoll" sei, "im September mit Zuschauern zu starten" und verhängte für Bayern strenge Regeln. Dass es nun zu einem bundesweiten Flickenteppich kommt, bremst die Vereine aber nicht. "An jedem Standort muss der Einzelfall geprüft werden", da die Voraussetzungen in Hamburg und Berlin andere als in Bayreuth und Gießen seien, sagte Geschäftsführer Stefan Niemeyer von Basketball-Bundesligist Rasta Vechta.

Im Basketball, Eishockey und Handball sind die Gelder der Zuschauer für die Klubs existenziell wichtig. Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL), hatte unlängst erklärt, dass einige Vereine nur ein, zwei Spiele ohne Fans überleben könnten. Auch im Eishockey ist die Not groß. Dort müsse man "Schritt für Schritt" vorgehen, forderte Trainer Pavel Gross von Adler Mannheim, "beispielsweise zum Saisonstart in der DEL vielleicht vor 5000 Fans in der SAP Arena spielen und später auf 7000 hochgehen."

In Leipzig sind sie beim Handball schon sehr weit. Der Klub aus der Heldenstadt hat bereits zwei Testspiele vor mehreren hundert Fans absolviert. Am 22. August hatte der Klub mit der Uni Halle und Musiker Tim Bendzko in der Arena eine Konzert-Simulation mit 1500 Probanden veranstaltet und dazu eine Studie erstellt. Man wollte feststellen, wo die neuralgischen Punkte sind, wo sich die Menschen treffen und wie sich die Luftströme und Aerosole verteilen.

Am Ende machte der ungewöhnliche Versuch Mut, die Gespräche mit dem Gesundheitsamt fortzusetzen und weiter auf die Rückkehr der Fans hinzuarbeiten. Zudem würden sich derzeit überall im Land, in Supermärkten und im öffentlichen Nahverkehr, tausende von Menschen versammeln, sagte Günther dazu bei Sponsors. Deshalb, so Günther, sei der Besuch eines Handballspiels bei einem entsprechenden Hygienekonzept "ein vertretbares Risiko".

Quelle: ntv.de, Nikolaj Stobbe, sid


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