Die Präsentation des neuen Buches „Das große Gasspiel“ fand in der Informationsagentur Rossiya Segodnya statt. In dem Buch machen sich die Autoren Gedanken über die Entwicklung des Gasgeschäfts und die Zusammenarbeit zwischen der UdSSR (später Russland) und Europa im Energiesektor in den letzten 50 Jahren.
Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Bau der Gaspipeline Urengoj-Pomary-Ushgorod angesichts des starken politischen und Sanktions-Drucks der Vereinigten Staaten. Das Buch ist Menschen gewidmet, denen es während des Kalten Krieges gelungen war, ein großes Gasgeschäft abzuschließen, das zu einer verlässlichen Brücke zwischen Russland und Europa wurde. Was heute mit Nord Stream 2 nach der Verhängung der US-Sanktionen passiere, ähnele den Ereignissen jener Jahre, sagten die Mitautoren.
„Die Amerikaner müssen Hindernisse für die Umsetzung von Nord Stream 2 schaffen, um nicht nur einen Markt für ihr LNG zu schaffen, sondern auch um die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf dem Weltmarkt zu verringern“, sagte Andrej Konopljanik, Mitglied des wissenschaftlichen Rates der Russischen Akademie der Wissenschaften für Systemforschung im Energiebereich. „Was bedeutet in dieser Situation, den Wettbewerb aufrechtzuerhalten? Entweder muss man schneller laufen als andere oder man muss Glasscherben in die Schuhe seines Konkurrenten schütten“, äußerte der Experte.
Er glaubt, dass „die Geschichte von Nord Stream 2 unsere europäischen Freunde zu dem Verständnis führt, dass die EU-Länder heute von Amerika als Länder mit begrenzter Souveränität wahrgenommen werden“. Als Beispiel führte der Experte den Brief amerikanischer Senatoren an die am Projekt beteiligte deutsche Firma Fährhafen Sassnitz GmbH an, worin dem Betreiber des Hafens Mukran die „finanzielle Zerstörung“ angedroht wurde.
„Die USA versuchen, Russland auf Kosten der Europäer zu bestrafen. Für die Vereinigten Staaten besteht das erste Ziel darin, die Vereinigung des deutschen Kapitals und der deutschen Technologien mit den russischen Naturressourcen und Arbeitskräften in einer unbesiegbaren Kombination zu verhindern. Wir sehen, dass viele Auswirkungen der heutigen Gaspolitik das Ergebnis dieses amerikanischen Konzepts sind. Also, Amerika first “, so Konopljanik.
Der Generaldirektor des Nationalen Energiesicherheitsfonds, Konstantin Simonow, wies darauf hin, dass die Vereinigten Staaten, während sie Europa mit Sanktionen gegen Nord Stream 2 bedrohen, ihre eigenen Käufe von russischem Öl erhöhen.
„Das amerikanische Business ist sehr pragmatisch, es war früher so und jetzt ist es auch so. Andererseits sollte die politische Situation nicht unterschätzt werden – das Niveau der amerikanischen Rhetorik ist jetzt höher als in den 1980er Jahren. Die Sanktionen gegen die Gaspipeline Urengoj-Pomary-Ushgorod hatten uns ebenfalls in eine schwierige Lage gebracht. Es wurde jedoch eine Lösung gefunden. Wir haben historische Erfahrung in der Überwindung von Sanktionen, die technische Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Gaspipeline-Projekten verursachen“, merkte der Energieexperte an.
In Deutschland wird derzeit diskutiert, ob man aus dem Ostseepipeline-Projekt Nord Stream 2 aussteigen soll. Juri Saitsew, ehemaliger Leiter der Verhandlungsgruppe des Ministeriums für Gasindustrie der UdSSR zur Koordinierung der Gasversorgung Europas über die Gaspipeline Urengoj-Pomary-Ushgorod, ist zuversichtlich, dass Berlin keine extremen Maßnahmen ergreifen und Nord Stream 2 nicht aufgeben wird. Die Pipeline wird fertiggestellt werden.
„Es gibt keine besonderen Probleme damit, Nord Stream 2 wird natürlich gebaut. Wir haben keine Spannungen über die Fertigstellung des Baus, wann er abgeschlossen sein wird – im Dezember oder im Januar. Die Deutschen haben Pipelines für die Fortsetzung von Nordstream gebaut und Kapazitäten gebucht. Das ist das Wichtigste, sie haben Geld investiert, sie haben das Gas in die Bilanz aufgenommen“, argumentierte der führende Fachmann für Gasverhandlungen.
Ihm zufolge hat Gazprom seit der Entdeckung und Erschließung großer Gasfelder in Westsibirien konsequent mehrere leistungsstarke Gasleitungssysteme in die Mitte des Landes und in den Westen Europas gebaut. Das Einheitliche System der Gasversorgung funktioniere wie ein gut geölter Mechanismus.
„Ich habe so etwas in meiner 35-jährigen Arbeit im Gastransport und in den 32 Jahren im Exportblock (davon zehn Jahre in Österreich und Deutschland) nicht gesehen. Wenn Sie sich das Schema der Exportgaspipelines ansehen, wird klar, dass mit der Inbetriebnahme von Nord Stream 2, dem Turkish Stream und ihrer Fortsetzung in Europa mit einer Schließung im österreichischen Baumgarten ein ausgefeiltes, einzigartiges Gasversorgungssystem für den Export geschaffen wird, das weltweit keine Analoga hat“, schlussfolgerte Juri Saitsew.
Der Bau der Gaspipeline Urengoj-Pomary-Ushgorod begann 1982 auf dem bereits in Betrieb genommenen Feld Urengojskoje (im Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen). Banken in Deutschland, Japan und Frankreich hatten Kredite für den Kauf der notwendigen Komponenten vergeben. Im Juni 1982 hatten die US-Behörden ein Embargo auf Geräte eingeführt, die von ihren Niederlassungen im Ausland und von ausländischen Unternehmen unter US-Lizenzen hergestellt wurden. Diese Entscheidung führte zu einem Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und ihren westeuropäischen Verbündeten. Von Juli bis August 1982 unterstützten westdeutsche, französische, britische und italienische Regierungen ihre Produzenten und erklärten die amerikanischen Sanktionen für gesetzwidrig. Nachdem europäische Unternehmen im August 1982 Öl- und Gasausrüstung an die UdSSR geliefert hatten, verhängten die Vereinigten Staaten besondere Sanktionen gegen sie. Nach Verhandlungen mit Vertretern europäischer Regierungen kündigte der damalige US-Präsident Ronald Reagan am 13. November 1982 die Aufhebung des Embargos für die Lieferung von Öl- und Gasausrüstung an die UdSSR an. Seit 1984 floss Gas nach Westeuropa. Ab dem Endpunkt in Ushgorod (Transkarpatien, Ukraine) wurde russisches Gas über europäische Gaspipelines in ganz Europa verteilt.
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