Es sind seit Wochen ähnliche Bilder: Zehntausende Menschen gehen in Belarus auf die Straße, um gegen Machthaber Alexander Lukaschenko zu protestieren. Die Polizei geht mit Härte und Schlägen gegen die Demonstranten vor, immer wieder nimmt sie Menschen fest. Auch an diesem Wochenende wurden erneut zahlreiche Demonstrierende in Belarus in Gewahrsam genommen. Wegen der anhaltenden Gewalt gegen Demonstranten hat Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nun gefordert, Sanktionen gegen Staatschef Lukaschenko zu verhängen.
"Die Gewalt geht weiter, die ausgeübt wird vom Lukaschenko-Regime", sagte Maas beim Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. Er habe deshalb vorgeschlagen, "ein neues Sanktionspaket auf den Weg zu bringen". Zu den Betroffenen solle "auch Lukaschenko gehören".
Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl von Anfang August sieht sich Lukaschenko Massenprotesten gegenüber. Die Opposition wirft dem seit 26 Jahren regierenden Staatschef Wahlbetrug vor. Die belarussischen Sicherheitskräfte gehen mit zunehmender Gewalt gegen die Demonstranten vor. Die EU hat wegen des Konflikts bereits Sanktionen gegen 40 Verantwortliche verhängt, darunter Lukaschenkos Innenminister.
Überraschendes Treffen hinter Gittern
Am Wochenende zeigte sich Machthaber Lukaschenko mit Oppositionellen im Gefängnis. Die Teilnehmer des Treffens hätten sich darauf geeinigt, über die Inhalte Stillschweigen zu bewahren, erklärte die Präsidentschaft. Wie und unter welchen konkreten Umständen es zu dem Gespräch kam, blieb unklar.
"Die Verfassung schreibt sich nicht auf der Straße", hatte Lukaschenko dazu gesagt. Der Staatschef hatte bereits zuvor erklärt, er sehe in einer Verfassungsreform die Lösung für die innenpolitische Krise. Offenbar sollte das Gespräch darum gehen.
Die Opposition kritisierte das Treffen hinter Gittern. "Man kann keinen Dialog in den Mauern eines Gefängnisses führen", sagte Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die im litauischen Exil lebt.
Weiteres Thema bei dem Ministertreffen in Luxemburg ist der Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny mit dem militärischen Nervenkampfstoff Nowitschok. Dabei wird ein deutsch-französischer Vorschlag diskutiert, Sanktionen gegen mögliche Verantwortliche in Russland zu verhängen. EU-Vertreter hielten im Vorfeld eine Grundsatzeinigung für möglich, konkrete Sanktionen würden aber erst später beschlossen.
Nach Bestätigung durch die Organisation zum Verbot chemischer Waffen (OPCW) stehe "mittlerweile objektiv fest, dass es sich um einen Verstoß gegen das Chemiewaffen-Übereinkommen handelt", sagte Maas. Dies könne "nicht ohne Konsequenzen bleiben". Die Minister hätten nun "die erste Gelegenheit", über den deutsch-französischen Vorschlag für Sanktionen zu beraten und "das weitere Verfahren festzulegen".
spiegel
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