Im Juni 2016 stimmten die Briten für den Austritt aus der Europäischen Union, doch wie genau die Beziehungen zwischen London und Brüssel in Zukunft geregelt werden sollen, darüber gibt es auch mehr als vier Jahre danach noch immer keine Einigung. Viel Zeit bleibt nun nicht mehr.
Trotz der endlos wirkenden Hängepartie: Der britische Brexit-Unterhändler David Frost glaubt noch an eine Einigung. Frost sieht Fortschritte bei den Verhandlungen über einen Handelspakt mit der EU. "Es gab einige Fortschritte in eine positive Richtung in den letzten Tagen", schrieb Frost kurz vor seiner Ankunft zu einer neuen Gesprächsrunde in Brüssel am Sonntag auf Twitter. "Wir haben nun auch größtenteils einen gemeinsamen Vertragstext, obwohl es natürlich weiterhin bei signifikanten Punkten noch keine Einigung gibt."
Von der Europäischen Union war nach der vergangenen Verhandlungsrunde hingegen mangelnde Bewegung beklagt worden. Seit Monaten hakt es an den gleichen Punkten – unter anderem den Regeln für EU-Fischer in britischen Gewässern sowie gemeinsamen Wettbewerbsbedingungen.
Am Sonntagnachmittag wollte Frost mit EU-Unterhändler Michel Barnier eine neue Verhandlungsrunde beginnen. "Seit dem 22. Oktober haben wir fast jeden Tag verhandelt", twitterte der Brite. Die Zeit drängt. Mehrere Fristen wurden bereits gerissen. Ein Handelsabkommen müsste auf beiden Seiten noch ratifiziert werden, bevor es zum Jahreswechsel in Kraft treten kann.
Ende Januar war Großbritannien zwar bereits aus der EU ausgetreten. Bis Ende Dezember gilt aber noch eine Übergangsphase, in der weitgehend die gleichen Regeln gelten wie zuvor. Ohne Einigung drohen danach Zölle, Staus an den Grenzen und andere Handelshürden. Die Verhandlungen könnten weiterhin auch scheitern, warnte Frost auf Twitter. Firmen sollten sich vorbereiten.
"Es kommt der Zeitpunkt, an dem Unternehmen wirklich wissen müssen, worauf sie sich vorbereiten", sagte der britische Umweltminister George Eustice am Sonntag in einem BBC-Interview. Die kommende Woche sei "eine Woche, in der sich die Dinge bewegen müssen".
Irlands Außenminister Simon Coveney warnte im Sender Sky News, ein Abkommen könne auch noch daran scheitern, dass Großbritannien an seinem Binnenmarktgesetz festhalte. Das geplante Gesetz verstößt in Teilen gegen den mühsam ausgehandelten und bereits gültigen Brexit-Deal. "Die EU wird auf keinen Fall ein neues Abkommen ratifizieren, wenn die britische Regierung ein existierendes Abkommen bricht, das nicht einmal zwölf Monate alt ist, und damit internationales Recht", so Coveney. Trotzdem halte er eine Einigung noch für "machbar".
Der Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, forderte den britischen Premierminister Boris Johnson auf zurückzurudern. "Johnson muss zur Vernunft kommen und Kompromisse machen. Nur dann kann weiterer Schaden von den Menschen und der Wirtschaft in Großbritannien und in der EU abgewendet werden", sagte Weber den Zeitungen, die zum Redaktionsnetzwerk Deutschland gehören.
spiegel
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