Japan und China erleben Post-Corona-Boom

  16 November 2020    Gelesen: 597
  Japan und China erleben Post-Corona-Boom

Die Volkswirtschaften von Japan und China starten mit einem Turbowachstum aus der Corona-Krise. Während in Europa noch ein Lockdown den nächsten jagt, florieren in Ostasien schon wieder die Geschäfte. Doch wie nachhaltig ist der Trend, wenn die starken Handelspartner des Westens darben?

Nach schweren Einbrüchen wegen der Corona-Pandemie läuft die Wirtschaft in China und Japan wieder auf Hochtouren. Japan zeigte sich vom Rekordeinbruch erholt: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt zog im dritten Quartal - auf das Jahr hochgerechnet - um 21,4 Prozent an, wie die Regierung in Tokio auf vorläufiger Basis bekannt gab. Es ist das erste Mal nach drei Quartalen, dass Japans Wirtschaft wieder wächst, nachdem die Wirtschaftsmacht zuvor in eine schwere Rezession gerutscht war.

Dass Japans Konjunkturmotor nach diesem Einbruch jetzt wieder anspringen würde, hatten Ökonomen erwartet. Der Anstieg des BIP - der stärkste seit vier Jahrzehnten - fiel aber noch deutlicher aus als viele Experten gedacht hatten. Die asiatische Leitbörse in Tokio legte in Reaktion deutlich zu. Der Nikkei-Index für 225 führende Werte beendete den Handel auf dem höchsten Stand seit rund 29 Jahren.

Noch besser sieht es in China aus. Dort deuten starke Wirtschaftsdaten auf ein schnelleres Wachstum im letzten Quartal des Jahres hin. Im Oktober stiegen die Ausgaben im Einzelhandel für Verbrauchsgüter wieder um 4,3 Prozent und damit deutlich als im Vormonat (3,3 Prozent), wie das Statistikamt in Peking mitteilte. Die Industrieproduktion kletterte etwas schneller als erwartet um 6,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die Wirtschaftsdaten dürften nach Erwartungen des Statistikamtes dazu führen, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde in den letzten drei Monaten des Jahres schneller als im dritten Quartal mit 4,9 Prozent wachsen dürfte. Experten rechnen mit 5 bis 6 Prozent Wachstum. Trotz des starken Corona-Einbruchs zum Jahresanfang dürfte China als einzige große Volkswirtschaft in diesem Jahr ein Wachstum verzeichnen. Es wird mit einem Plus von rund 2 Prozent gerechnet.

Kein Lockdown in Japan
In China waren vor einem Jahr im Dezember erstmals Infektionen mit dem Coronavirus entdeckt worden. Das bevölkerungsreichste Land der Erde hat die Pandemie aber mit strengen Quarantäne-Maßnahmen, Massentests, Kontaktverfolgung und Einreisebeschränkungen unter Kontrolle gebracht, sodass sich das Leben normalisiert hat. Seit dem Sommer sind in der Volksrepublik nur noch vereinzelt kleinere lokale Ausbrüche bekannt geworden, gegen die meist sofort energisch vorgegangen wird. Es gibt heute ansonsten nur importierte Fälle, die bei den strengen Einreisekontrollen festgestellt werden. Reisende müssen grundsätzlich zwei Wochen in Quarantäne.

Japan war bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie infolge des Handelskonflikts zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt - USA und China - stark geschwächt gewesen. Hinzu kamen die Folgen einer Mehrwertsteueranhebung im vergangenen Jahr. Dann kam die Corona-Krise; die zwischen April und Ende Mai erlassenen Einschränkungen trafen die schwache Wirtschaft mit Wucht. Da Japan jedoch anders als andere Länder keinen harten Lockdown verhängte, fiel der wirtschaftliche Einbruch noch relativ milde aus.

Nun sieht die Lage in Ostasien besser aus als in Europa oder den USA. So rechnen die "Wirtschaftsweisen" für Deutschland für das laufende Jahr mit einem Rückgang des BIP um 5,1 Prozent. Das wäre in etwa auf dem Niveau des Einbruchs in der globalen Finanzkrise 2009. Im kommenden Jahr erwartet der Sachverständigenrat ein Wachstum von 3,7 Prozent - wenn es nicht wieder zu einem flächendeckenden Shutdown des Wirtschaftslebens kommt. In Washington und London hatten die Zentralbanken jüngst vor einer weiteren Verschlechterung der Lage gewarnt.

Doch auch in Ostasien ist keineswegs garantiert, dass die Wirtschaft nun wieder dauerhaft zulegt. So benötigt China starke Handelspartner, Lockdowns und schlechte Konjunkturzahlen in der EU und den USA träfen auch die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde. In Japan rechnen zwar viele Ökonomen mit einer weiteren Erholung der Wirtschaft im Schlussquartal - allerdings viel langsamer als im dritten Quartal. Ein erneuter Anstieg der Corona-Infektionsfälle sowohl in Übersee wie auch im eigenen Land trübt die Geschäftsaussichten. Experten in Tokio rechnen denn auch damit, dass es noch Jahre dauern wird, bis sich Japans Wirtschaft vollständig von den Auswirkungen der globalen Pandemie erholen wird.

n-tv


Tags:


Newsticker