Britische Abgeordnete kritisieren mangelhafte Vorbereitungen der Regierung

  20 Dezember 2020    Gelesen: 541
Britische Abgeordnete kritisieren mangelhafte Vorbereitungen der Regierung

Die Brexit-Gespräche dauern an, ein »No-Deal« sei das »wahrscheinlichste Ergebnis«, heißt es aus Verhandlungskreisen. Unterdessen werfen britische Abgeordnete der Regierung Versäumnisse vor.

In ihren Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt liegen Großbritannien und die EU weiterhin deutlich auseinander. »Das wahrscheinlichste Ergebnis« sei derzeit ein No Deal, hieß es am Samstagabend aus Verhandlungskreisen. »Wir werden jeden Stein umdrehen, um einen Deal zustande zubringen.« Es gebe aber weiter »erhebliche offene Fragen« zu Fischerei und Subventionen. »Die Verhandlungen gehen weiter, aber wir sind immer noch weit auseinander.«

Der Druck ist groß, denn das Europaparlament hat eine letzte Frist bis zum späten Sonntagabend gesetzt. Bis dahin müsse ein fertiger Handelsvertrag vorliegen, weil die Abgeordneten sonst nicht mehr ausreichend Zeit zur Prüfung hätten. EU-Unterhändler Michel Barnier hatte am Freitag gewarnt, es blieben nur noch »wenige Stunden« für eine Einigung. Allerdings hatten die Unterhändler bereits zuvor mehrere Fristen gerissen. Zuletzt hieß es vor allem in London, der einzige Stichtag sei der 31. Dezember. Premierminister Boris Johnson hat sich wiederholt skeptisch geäußert, dass sich beide Seiten noch einigen.

Vor allem Fischerei ist ein Knackpunkt. Beobachter der zähen Verhandlungen berichteten am Samstag auf Twitter, dass die EU bei dem strittigen Thema einen Schritt auf London zu machen könnte. Demnach soll Barnier angeboten haben, dass die Gemeinschaft den Briten 25 Prozent des Werts der Fische, die EU-Fischer in britischen Gewässern fangen, zurückzahlen würde. Das wäre deutlich mehr, als bisher im Gespräch ist – aber bei Weitem nicht so viel, wie London fordert.

Beide Seiten rüsten sich indes auch für den Fall, dass die Verhandlungen scheitern und vom 1. Januar 2021 an Zölle und andere Handelshemmnisse zwischen Großbritannien und der EU in Kraft treten. Dann endet eine Übergangsphase. Großbritannien ist zwar bereits Ende Januar aus der EU ausgetreten, scheidet aber erst zum Jahresende aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion aus.

Die britische Regierung sei allerdings schlecht vorbereitet, kritisierte der Brexit-Ausschuss des Parlaments in London. Entscheidungen seien »zu spät« getroffen worden, die Kommunikation mit Unternehmen sei »bestenfalls lückenhaft«, hieß es in einem am Samstag in London veröffentlichten Bericht.

Die Abgeordneten seien besorgt über den Stand der Vorbereitung auf die zum Jahreswechsel eintretenden Änderungen, erklärten die Mitglieder des Komitees für die künftigen Beziehungen zur EU. Das parteiübergreifende Parlamentsgremium kritisierte in dem Bericht die schleppende Umstellung von IT-Systemen etwa an Häfen. Unternehmen bliebe somit zu wenig Zeit, um sich auf die neuen Systeme einzustellen. In den Häfen müsse außerdem eine neue Infrastruktur für Zoll- und Grenzkontrollen errichtet werden. Die Vergabe von staatlichen Mitteln für die Arbeiten sei aber zu langsam erfolgt.

Sieben Werktage vor dem Ende der Übergangsphase bestünden weiterhin »erhebliche Sorgen«, sagte der Labour-Abgeordnete Hilary Benn. Die Regierung könne Unternehmen und Bürgern weiterhin nicht verlässlich sagen, »was in all den von den Verhandlungen betroffenen Bereichen passieren wird«.

Am Freitag hatte das Europaparlament für Notfallmaßnahmen im Falle eines No-Deal-Brexits gestimmt. Dabei geht es um Pläne für die Bereiche Fischerei, Flugsicherheit sowie Flug- und Straßenverkehr.

Auf den Autobahnen in Richtung des wichtigen Hafens Dover am Ärmelkanal sowie des Eurotunnels stauten sich auch am Samstag Lastwagen kilometerweit. Gründe sind das Weihnachtsgeschäft und der hohe Bedarf an medizinischen Gütern in der Corona-Pandemie, aber auch die Aufstockung vieler Lager vor Ende der Brexit-Übergangsphase. Schon seit Wochen kritisieren Handelsverbände verstopfte Häfen und hohe Frachtpreise. In einigen Häfen wurden bereits Schiffe abgewiesen, weil kein Platz war, um Fracht zu löschen.

spiegel


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