Genau elf Monate nach Bekanntwerden einer ersten Corona-Infektion in Deutschland beginnen am Sonntag in allen Bundesländern die Impfungen gegen das Virus. Zuerst sollen Menschen über 80 Jahre sowie Pflegekräfte und besonders gefährdetes Krankenhauspersonal immunisiert werden. Dazu werden vor allem mobile Impfteams unterwegs sein. Die mehr als 400 Impfzentren werden größtenteils erst in den nächsten Tagen in Betrieb genommen. In einem Seniorenzentrum in Halberstadt in Sachsen-Anhalt wurden bereits am Samstag die ersten Bewohner und Mitarbeiter geimpft, weil der Landkreis Harz nicht länger warten wollte. Die 101-jährige Edith Kwoizalla wurde geimpft, ebenso rund 40 der 59 Bewohnerinnen und Bewohner. Von den rund 40 Mitarbeitern wollten sich zehn impfen lassen.
"Für uns zählt jeder Tag", sagte der Technische Leiter des Impfzentrums im Landkreis, Immo Kramer, dem MDR. Karsten Fischer vom Pandemiestab des Landkreises sagte dem Sender. "Wir wollen diesen einen Tag, den der Impfstoff an Haltbarkeit dann verliert, nicht verschwenden. Wir wollen ihn gleich ausbringen."
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wurde von dem vorgezogenen Impfstart im Landkreis Harz überrascht. Spahns Sprecher sagte der "Bild am Sonntag", der Minister freue sich mit Edith Kwoizalla und wünsche ihr alles Gute. Der Sprecher betonte gleichwohl: "Allerdings hatten wir mit allen Partnerländern der EU und mit den 16 Bundesländern vereinbart, am Samstag an alle auszuliefern und ab Sonntag gemeinsam mit den Impfungen zu beginnen."
65 Prozent wollen die Impfung
Bundesweit geht es am Sonntag los, in mehreren Bundesländern wollen auch die Ministerpräsidenten beim Impfstart dabei sein. Die Bundesregierung wirbt dafür, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen - auch um andere zu schützen. Nach Einschätzung von Experten ist eine Impfquote von 60 bis 70 Prozent nötig, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Nach aktuellen Umfragen haben 65 Prozent der Deutschen vor, sich impfen zu lassen.
Gesundheitsminister Jens Spahn hat zu einem "nationalen Kraftakt" aufgerufen. "Dieser Impfstoff ist der entscheidende Schlüssel, diese Pandemie zu besiegen. Er ist der Schlüssel dafür, dass wir unser Leben zurückbekommen können", sagte der CDU-Politiker. Jede Impfung mehr bedeute weniger Infektionen und weniger Todesfälle. "Wer mitmacht, rettet Leben", betonte Spahn. Am 27. Januar 2020 war die erste Corona-Infektion in Deutschland bekanntgeworden. Seitdem wurden mehr als 1,6 Millionen Infektionen registriert. Bis Sonntagmorgen starben laut Robert Koch-Institut in Deutschland 29.778 Infizierte.
Walter-Borjans wirbt um Vertrauen
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sieht im Beginn der bundesweiten Corona-Impfungen in Deutschland die Chance für eine schrittweise Rückkehr zur Normalität. "Ein langer Atem ist aber noch nötig", sagte die CDU-Politikerin. So müsse die Massenproduktion der Impfstoffe gelingen und die Impfinfrastruktur wie geplant funktionieren. Sie habe vollstes Vertrauen in die Impfstoffe, die von der Europäischen Arzneimittelagentur zugelassen worden seien. "Wenn ich an der Reihe bin, werde ich mich sehr gern impfen lassen", sagte Karliczek.
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans warb ebenfalls um Vertrauen in die Impfungen. "Es gibt mittlerweile umfassend geprüfte Impfstoffe, der Impfplan ist schlüssig und wissenschaftlich fundiert", sagte er der "Rheinischen Post". "Gut wäre jetzt eine breit angelegte Aufklärungskampagne", fügte er SPD-Chef hinzu.
Zunächst steht bundesweit nur eine sehr begrenzte Zahl von Impfdosen bereit. Pro Bundesland waren es bei der Verteilung am Samstag knapp 10.000, in Bremen knapp 5000 - insgesamt gut 150.000 Dosen. Bis Jahresende sollen 1,3 Millionen Impfdosen ausgeliefert werden. Ende März sollen es schon über zehn Millionen sein. Und Mitte des Jahres will Spahn allen, die sich impfen lassen wollen, ein Angebot machen können.
Quelle: ntv.de, ino/dpa
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