Für Impfungen in den Praxen brauche es aber auch eine gewisse wöchentliche Mindestmenge an Impfstoff, hieß es im Bundesgesundheitsministerium. Um dem Wunsch der Länder entsprechen zu können, ihre Impfzentren wie bisher auszulasten, könnten die Hausärzte darum erst später starten. Regierungssprecher Seibert sagte, die endgültige Entscheidung über den Impfstart in den Praxen falle beim nächsten Bund-Länder-Treffen. Es solle noch vor dem 22. März stattfinden.
Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Weigeldt, sagte im Deutschlandfunk, die Hausärzte seien nicht nur bereit, sie scharrten schon seit Wochen ungeduldig mit den Hufen. Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands ergänzte, er könne nicht verstehen, dass man sozusagen das Volk im Lockdown halte, statt es zu impfen. Die Impfzentren seien am Anfang sicher notwendig gewesen. In den Praxen könne man aber schneller und besser impfen.
Spahn will Impfreihenfolge lockern
Die Impfkampagne gegen das Coronavirus soll nach den Plänen von Bundesgesundheitsminister Spahn zudem flexibler gehandhabt werden. Spahn sagte, man wolle zwar grundsätzlich an der Impfreihenfolge festhalten, allerdings vor allem in Hotspots Ausnahmen möglich machen. Dort könnte teilweise bereits die komplette Bevölkerung geimpft werden.
„Wir müssen die Balance finden: möglichst viele Menschen und möglichst zielgerichtet impfen“, betonte der CDU-Politiker gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem in Grenzregionen mit hohen Infektionszahlen sollten Ausnahmen gemacht werden, um eine Virus-Ausbreitung zu verhindern. Damit könnten etwa Sachsen, Bayern, das Saarland oder weitere Länder die ganze Bevölkerung in solchen Hotspots impfen, hieß es. Im sächsischen Vogtland sollen nach Angaben der Landesregierung bereits ab Ende der Woche alle Einwohner ab 18 Jahren geimpft werden.
In der neuen Verordnung, die morgen im Bundesanzeiger veröffentlicht werden soll, wird zudem keine Altersbegrenzung bezogen auf den Impfstoff von Astrazeneca mehr genannt. Hintergrund ist, dass die Ständige Impfkommission das Mittel nun auch für Menschen ab 65 Jahre empfiehlt und nicht nur für 18- bis 64-Jährige. Um möglichst viele Erstimpfungen zu ermöglichen, soll bei den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna der Abstand zur Zweitimpfung von sechs Wochen ausgeschöpft werden – beim Mittel von Astrazeneca von zwölf Wochen.
Deutsche Stiftung Patientenschutz: Impfreihenfolge nur noch eine Farce
Der Vorstand der Deutsche Stiftung Patientenschutz, Brysch, erklärte, die ethisch festgesetzte Impfreihenfolge sei nur noch eine Farce. Länder, Städte und Gemeinden machten, was sie wollten, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur. Noch immer seien über drei Millionen Menschen der ersten Prioritätsgruppe nicht geimpft. Der Präsident der Bundesärztekammer, Reinhardt, plädierte dafür, Haus- und Fachärzte in Zukunft selbst entscheiden zu lassen, wen sie zuerst impfen.
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut, Mertens, warnte vor weitreichenden Folgen im Fall einer zu schnellen Aufhebung der Priorisierung bei Corona-Impfungen. Zu befürchten seien schwere Erkrankungen und sogar Todesfälle, sagte Mertens dem Fernsehsender RTL. „Das Problem ist, dass es passieren kann, dass Menschen zurückbleiben, die wirklich ein sehr hohes Risiko für schwere Erkrankungen, für intensivpflichtige Therapien und Tod haben, und das ist das, was wir eigentlich vermeiden wollen“, erklärte Mertens.
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