"Die SPD ist eine fröhliche Partei"

  15 März 2021    Gelesen: 444
"Die SPD ist eine fröhliche Partei"

Landtagswahlen in zwei Bundesländern, steigende Corona-Inzidenzwerte und eine Maskenaffäre bei der Union, bei der noch nicht klar zu sein scheint, ob sie wirklich schon ausgestanden ist. Themen genug für Anne Will, die in ihrer Talkshow im Ersten am Sonntagabend zwei Wahlgewinner zu Gast hatte.

Es war der Abend einer "Landesmutter" und eines "Landesvaters". Nach den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg herrscht Freude bei der SPD und den Grünen. Laut den vorläufigen amtlichen Endergebnissen sind in beiden Bundesländern theoretisch Regierungsbildungen ohne die CDU möglich. In der FDP werden inzwischen Stimmen laut, die sagen, die CDU sei nicht mehr der einzig mögliche Koalitionspartner. Während die CDU in beiden Bundesländern Stimmen verliert, bleibt das Ergebnis der FDP nahezu gleich. Die AFD verliert, bleibt aber in beiden Landtagen vertreten - trotz Beobachtung durch den Bundesverfassungsschutz.

Einen echten Sieg haben die wertkonservativen Freien Wähler erzielt, die es in Rheinland-Pfalz gar ins Landesparlament geschafft und nun Abgeordnete in drei Landtagen haben. In Baden-Württemberg kann sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen seinen zukünftigen Koalitionspartner aussuchen, in Rheinland-Pfalz wird für Ministerpräsidentin Malu Dreyer von der SPD alles beim Alten bleiben. Die Wahlen waren von der Coronakrise bestimmt: Nie zuvor gab es so viele Briefwähler. Gleichzeitig ist die Union von einer Maskenaffäre gebeutelt.

Immerhin war angesichts der interessanten Wahlergebnisse und der CDU-Probleme nach Monaten mal nicht die Corona-Krise das Hauptthema in der Talkshow mit Anne Will am Sonntagabend im Ersten. Kein Mediziner war dabei, dafür drei Politiker, eine Politikwissenschaftlerin und eine Journalistin. Das war schon mal etwas Besonderes in einer Talkshow.

Übermütige SPD

Es sei ein Sieg der Spitzenkandidaten und ihrer gemäßigten Ansichten gewesen. Da ist sich die Direktorin der Akademie für Politische Bildung im oberbayerischen Tutzing, die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch, ganz sicher. Doch die Ergebnisse bei den beiden Landtagswahlen zeigen nach Ihrer Ansicht auch die Unzufriedenheit der Bürger mit der Coronapolitik der Bundesregierung. Dabei werde zu viel angekündigt, dann aber nicht umgesetzt.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, den Moderatorin Anne Will zu Beginn ihrer Sendung schnell mal zum Parteivorsitzenden machte, freut sich zunächst mal über das Wahlergebnis für die SPD, wobei er dabei vor allem auf das Abschneiden seiner Partei in Rheinland-Pfalz abzielt. "Eine CDU unter 30 Prozent ist möglich. Das ist, was ich anstrebe", sagt er. Vorwürfe, viele Menschen wüssten nicht, wofür die SPD stehe, weist er zurück. "Wir haben alles richtig gemacht." Man habe den Kanzlerkandidaten früh gekürt, man habe das Wahlprogramm früh vorgelegt. Nun habe man bis zum Wahltag genug Zeit, die Ziele zu erklären. Scholz spricht von einer "zuversichtlichen Perspektive" und sagt: "Wir sind eine fröhliche Partei".

Zuversicht strahlt auch Grünen-Co-Chef Robert Habeck aus, der sich am Ende der Sendung noch schnell ein wenig verplappert, als es um die Frage der Kanzlerkandidatur geht. Die Grünen wollen zwischen Ostern und Pfingsten klären, ob Katharina Baerbock oder er selber für das Amt kandidiert. Und: "Wenn Katharina Baerbock sagt: "Ich will es machen", werde ich mich zurückziehen." Später relativiert er etwas: Er habe gemeint, wenn sie dies wegen der Frauenquote täte, aber das würde sie schon nicht. Er warnt die CDU, in einen Zustand zurückzufallen, in dem sie vor der Kanzlerschaft von Angela Merkel gewesen sei: "Führungslos und ohne Programm."

Thomas de Maizière macht sich darüber wenig sorgen. Der Ex-Bundesinnen- und Verteidigungsminister wird dieses Jahr nicht mehr für den Bundestag kandidieren. "Eine bittere Enttäuschung" nennt er den Wahlabend für seine Partei. Auf die "fröhliche" SPD hinweisend, findet er keine guten Worte. "Die Grenze zwischen Selbstbewusstsein und Übermut fällt manchmal schmal aus", sagt er. Damit spielt er auch auf das vergleichsweise schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten in Baden-Württemberg an. Über seine eigene Partei sagt er: "Der Übermut, dass es klar ist, dass die Union den nächsten Kanzler stellt, ist auch vorbei."

Spiegel-Autorin Christine Hoffmann bringt in die Diskussion einen interessanten Aspekt hinein. Die Journalistin ist häufiger Gast in Talkshows - und sie freut sich, dass endlich einmal nicht über die Gefahr durch die AFD geredet werden müsse. Politikwissenschaftlerin Münch bremst die Freude aber sofort: Spätestens bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland sei die Partei wieder das Thema.

Thema: Die Maskenaffäre

Ein wirkliches Problem sei die Maskenaffäre und wie CDU-Chef Armin Laschet damit umgehe. Dieser habe sich zu lange zurückgehalten und oft nicht die richtigen Worte gefunden, kritisiert Münch. Zudem sei durch die Maskenaffäre der Eindruck entstanden, "Die Politiker denken immer nur an sich", so die Wissenschaftlerin.

Auch Grünenchef Habeck kritisiert ein fehlendes Unrechtsbewusstsein innerhalb der Union, was Thomas de Maizière zurückweist. Bei der Maskenaffäre handele es sich um das Fehlverhalten einzelner, sagt er. Er selber habe alle seine Nebentätigkeiten angezeigt. Dabei handelt es sich übrigens um genau neun.

Scholz und Habeck fordern gemeinsam mehr Transparenz. Abgeordnete müssten alle Nebeneinkünfte anzeigen, finden sie; Die Union möchte lediglich über Nebeneinkünfte bescheid wissen, die höher als 100.000 Euro sind. Habeck schlägt zudem eine Deckelung von Nebeneinkünften vor. Und ihn stört, dass bei dem nun geplanten Lobbyregister nur aufgelistet wird, wenn Lobbyisten auf Politiker zugehen, aber nicht umgekehrt. Scholz bringt es auf den Punkt: das Problem müsse schnell angepackt werden. "Wir brauchen harte Regeln, und zwar jetzt - nicht irgendwann."

Das Thema Corona wurde in dieser Sendung nur ganz kurz erwähnt: Es sei zu schnell geöffnet worden, meint Robert Habeck. Das war es schon. Doch die nächsten Corona-Talkshows kommen bestimmt. Und zwar "jetzt - nicht irgendwann".

Quelle: ntv.de


Tags:


Newsticker