Ein verunglücktes Containerschiff blockiert weiter den Suezkanal. Zehn Schlepper bemühten sich bislang vergeblich, das etwa 400 Meter lange Schiff aus seiner Querlage in einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu befreien. Am Nachmittag korrigierte der Branchendienstleister GAC am Nachmittag frühere Angaben, wonach die "Ever Given" zum Teil wieder flott gemacht worden sei. Auf Fotos war zu sehen, wie Bagger Erde und Gestein vom Rand des Kanals am Bug des Schiffs herausrissen.
Einem Insider zufolge sollen die Arbeiten in der Nacht fortgesetzt werden, soweit es das Wetter erlaubt. Der 224.000 Tonnen schwere und 59 Meter breite Frachter gehört zu den größten Containerschiffen der Welt. Laut vesselfinder.com fährt das 2018 gebaute Schiff unter der Flagge Panamas. Es ist demnach aus China gekommen und auf dem Weg nach Rotterdam in den Niederlanden. Der Hafenbehörde zufolge war er im Zuge eines Sandsturms bei starkem Wind manövrierunfähig geworden, vom Kurs abgekommen und in der Nähe der Hafenstadt Suez auf Grund gelaufen. In beiden Richtungen staut sich der Wasserverkehr, die Allianz sprach von mehr als 100 wartenden Schiffen.
Der Verband Deutscher Reeder warnte vor den Auswirkungen einer längeren Blockade. "Das ist wie die Vollsperrung einer großen deutschen Autobahn. Je länger das dauert, desto deutlicher werden die Auswirkungen zu sehen sein", sagte ein Sprecher. Auch wenn die Blockade des Suezkanals beendet sei, komme vermutlich auf die Häfen eine weitere Ballung zu. Dann kämen alle Frachter auf einmal zur Abfertigung.
Nach Angaben von Experten und aus Schifffahrtskreisen dürften auf den japanischen Eigner Shoei Kisen und die Versicherer Forderungen in Millionenhöhe zukommen. "Alles fällt auf das Schiff zurück", sagte David Smith, zuständig für die Seefahrt beim Versicherungsbroker McGill and Partners. Zwei Insidern zufolge ist die "Ever Given" bei japanischen Firmen versichert. In Branchenkreisen war von 100 bis 140 Millionen Dollar an Versicherungssumme allein für Schäden am Rumpf und den Maschinen die Rede.
Zudem dürften die Besitzer der gestauten Schiffe einen Ausgleich fordern. "Das ist möglicherweise das größte Desaster mit einem Containerschiff, bei dem es keinen Knall gab", sagte ein Anwalt, der namentlich nicht genannt werden will. Eine Stellungnahme von Shoei Kisen lag nicht vor.
Durch den Suezkanal fließen rund zwölf Prozent des globalen Frachtvolumens und etwa 30 Prozent des Containervolumens. Im vergangenen Jahr passierten der Kanalbehörde zufolge fast 19.000 Schiffe und damit durchschnittlich fast 52 Schiffe pro Tag die Wasserstraße. Die alternative Route um die Südspitze Afrikas dauert gut eine Woche länger. Für Ägypten ist der Kanal eine wichtige Quelle von harten Währungen: Die Summe betrug 2020 etwa 5,6 Milliarden Dollar. Der Ölpreis legte auch wegen des Unglücks um etwa sechs Prozent zu.
n-tv
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