Auch nach Inkrafttreten der sogenannten Bundes-Notbremse gegen die dritte Corona-Welle sollen die Menschen in Deutschland abends das Haus verlassen dürfen. Nach 22.00 Uhr soll aber Schluss sein - von wenigen Ausnahmen abgesehen. Die Fraktionen von Union und SPD wollen den Gesetzentwurf der Bundesregierung entsprechend ändern. Ausgangsbeschränkungen soll es von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr geben. Joggen und Spaziergänge sollen bis Mitternacht erlaubt bleiben, allerdings nur alleine. Der Bundestag will am Mittwoch die Neuregelung beschließen. Am Donnerstag wäre der Bundesrat an der Reihe. Die Notbremse soll möglichst schnell Praxis werden. Bislang gibt es aber noch keinen konkreten Termin.
Ziel der Gesetzesänderung ist es, Einschränkungen des öffentlichen Lebens bundesweit einheitlich zu regeln: Falls die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz - also die Zahl der Neuinfektionen binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner - in einer Stadt oder einem Landkreis drei Tage hintereinander über 100 liegt, sollen jeweils die gleichen Regeln gelten.
Demnach dürften Ladeninhaber Kunden bei einer Inzidenz über 100 nur noch empfangen, wenn diese einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben.
Steigt der Wert über 150, wäre nur noch das Abholen bestellter Waren (Click & Collect) erlaubt.
Für Lebensmitteleinzelhandel, Apotheken und Drogerien gelten diese Einschränkungen nach wie vor nicht.
Für Schulen wäre Distanzunterricht ab einer Inzidenz von 165 verpflichtend.
Für Kinder bis 14 Jahre soll kontaktloser Sport in Gruppen im Freien weiter möglich sein.
Die Außenbereiche von Zoos und botanische Gärten sollen für Besucher mit aktuellem Negativ-Test offen bleiben.
Arbeitgeber müssen zwei Corona-Tests pro Woche bereitstellen.
Bietet der Arbeitgeber Home Office an, sollen die Arbeitnehmer nach Angaben aus Fraktionskreisen verpflichtet werden, dieses Angebot anzunehmen.
Alle Regelungen sind erst einmal befristet bis zum 30. Juni.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nannte als entscheidende Bereiche Betriebe, Kitas und Schulen sowie "vor allem den Bereich der privaten Kontakte". Die Länder rief er auf, zuvor schon Beschränkungen zu erlassen. "Niemand muss auf dieses Gesetz warten", sagte er.
Der Rechtsexperte der Union, Jan-Marco Luczak, sagte: "Die Bundesregierung wird ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, die Geimpften und Getesteten wieder mehr Freiheiten einräumt." Dies sei "verfassungsrechtlich zwingend und muss daher sehr zeitnah erfolgen". Fraktionsvize Thorsten Frei sagte, der Kompromiss werde helfen, "die schwierigen Wochen bis maximal Ende Juni zu überbrücken".
Neu ist zudem, dass die Bundesregierung keine Verordnungen zur Eindämmung der Pandemie am Bundestag vorbei erlassen kann. "Der Bundestag muss zustimmen. Ohne jedwede Vorbehalte oder Bedingungen", sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese.
Kritik kam von seinem Fraktionskollegen Karl Lauterbach in der "Welt". "Mit den Aufweichungen der Kontaktbeschränkungen würden sie etwa 50 Prozent ihrer Wirkung verlieren im Vergleich zu einer Ausgangsbeschränkung ab 20 Uhr". Damit werde es auch "vermeidbare" Todesopfer geben. Die FDP hat weiterhin grundlegende Einwände. "So, wie jetzt das Gesetz geändert wird, werden wir trotz leichter Verbesserungen noch nicht zustimmen können", sagte FDP-Chef Christian Lindner. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich geht davon aus, dass Klagen gegen die Bundes-Notbremse durch die Entschärfung der Pläne für Ausgangsbeschränkungen kaum Chancen haben.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa
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