Vor dem Corona-Impfgipfel von Bund und Ländern mehren sich Forderungen nach Lockerungen für Geimpfte und Genesene. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Landsberg, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, man brauche jetzt eine klare Vorgabe, dass Personen, die beide Impfungen erhalten hätten, von bestimmten Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes ausgenommen seien.
Auch ein am Wochenende fertiggestelltes Eckpunktepapier der Bundesregierung, das für den Gipfel bestimmt ist, wies in diese Richtung. Demnach könnten für vollständig gegen Covid-19 Geimpfte und für Genesene bei dem Zugang zu Ladengeschäften und bestimmten Dienstleistungen dieselben Ausnahmen eingeräumt werden, die für negativ Getestete gelten. Die Quarantäne-Pflicht nach Einreise aus einem Risikogebiet soll für Geimpfte und Genesene nicht mehr gelten – es sei denn sie waren in einem Virusvariantengebiet. Welche Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen für sie wegfallen sollen, ist noch offen. Nach Einschätzung der EU-Gesundheitsbehörde ist allerdings auch eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen vertretbar.
Die Bundesregierung plant auch, die wegen der Pandemie geltenden Kontaktbeschränkungen für Alten- und Pflegeheime zu lockern. Ziel sei es, eine soziale Isolation der Bewohner zu vermeiden, heißt es laut Medienberichten in einer Neufassung des Papiers für den morgigen Impfgipfel. Gelten sollen die Lockerungen für Heime, deren Bewohner vollständig geimpft sind und in denen es keine Krankheitsfälle gibt. Hier könnten Besuchsmöglichkeiten erweitert werden und einige Gruppenangebote wieder stattfinden.
Opposition begrüßt Pläne der Bundesregierung
FDP-Chef Lindner begrüßte die Pläne der Bundesregierung: „Inzwischen ist klar, dass von Geimpften nach der Zweitimpfung und einer Wartezeit keine Gefahr ausgeht.“ Damit entfalle jegliche rechtliche Grundlage, die Menschen bei der Verwirklichung ihrer Grundrechte einzuschränken, sagte Lindner der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Auch die Grünen-Politikerin Keul forderte im „Handelsblatt“ die Aufhebung bestimmter Einschränkungen. Sie seien nicht mehr zu rechtfertigen.
Politische Beobachter sehen die Bundesregierung jedoch in einer Zwickmühle. Zum einen könnten Lockerungen für Geimpfte der Impfkampagne weiteren Schub bringen. Denn je früher es Erleichterungen für die Gruppe der Geimpften gibt, desto eher könnten sich auch einige Menschen, die bisher kein Interesse an einer Impfung zeigen, um einen Impftermin bemühen. Das würde Deutschland dem Ziel der sogenannten Herdenimmunität näherbringen. Zum anderen droht eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft von Geimpften und (Noch)-Nicht-Geimpften. Die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen könnten weiter in die Kritik geraten.
Impfpriorisierung könnte fallen
Auch die Impfreihenfolge wird beim Bund-Länder-Gipfel wahrscheinlich auf den Prüfstand gestellt werden. Angesichts steigender Impfdosen forderten die niedergelassenen Ärzte eine baldige Aufhebung der Impfpriorisierung für alle Corona-Vakzine. Spätestens in zwei bis drei Wochen sollte dies geschehen, sagte der Vorsitzende des Ärzteverbandes Virchowbund, Heinrich, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Reinhardt, plädiert dafür, die Priorisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen möglichst bald aufzuheben. Für die Hausärzte bedeute die Einhaltung der Priorisierung einen großen organisatorischen Einsatz, sagte Reinhardt im Deutschlandfunk. Wenn die Praxen in den kommenden Wochen deutlich mehr Impfdosen bekämen, würde die Priorisierung die Ärzte sehr stark aufhalten. Deshalb habe er große Sympathie dafür, die Regelung schnell aufzugeben.
Bundesgesundheitsminister Spahn hatte vor kurzem vorgeschlagen, die Priorisierung erst im Juni aufzuheben. Der bayerische Ministerpräsident Söder sprach sich in der „Bild am Sonntag“ jedoch dafür aus, die Impfreihenfolge möglichst schon nächsten Monat aufzuheben.
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