Endlich wieder ohne Einschränkungen Familie und Freunde treffen: Für vollständig gegen Corona Geimpfte könnte schon ab Samstag ein Stück Normalität zurückkehren. Denn wer geimpft ist, ist höchstwahrscheinlich sicher. Zumindest vor einer schweren oder gar tödlich verlaufenden Covid-19-Erkrankung, sagen Studien. Aber können Geimpfte sich auch nicht mehr infizieren und das Virus weitergeben? Leipziger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben genau das untersucht und herausgefunden: Sars-CoV-2 kann sich trotz Impfung noch in den Rachenschleimhäuten vermehren. Geimpfte können die Infektion daher weitergeben, auch wenn sie selbst nichts davon spüren.
Für ihre Studie, die zunächst als Preprint veröffentlicht werden soll, hat das Forscherteam um den Oberarzt Dr. Stephan Borte am Leipziger St. Georg Klinikum rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik untersucht. Alle hatten die beiden Dosen des mRNA-Impfstoffs von Biontech/Pfizer erhalten. Zudem verfolgten die Wissenschaftler die Werte von Genesenen, die eine aktive Infektion hinter sich gebracht hatten. Dafür nahmen sie jeweils Blutproben und Proben von der Rachenschleimhaut, um die Entwicklung von schützenden Antikörpern gegen Sars-CoV-2 zu untersuchen. Diese Antikörper wurden im Labor des Fraunhofer-Instituts auf ihre Fähigkeit geprüft, die aktuell dominierende B.1.1.7-Variante des Virus zu neutralisieren. In einem zweiten Test wurden sie auch mit der südafrikanischen Mutation B.1.351 konfrontiert, die der menschlichen Immunantwort teilweise ausweichen kann.
Das Ergebnis: Die geimpfte Gruppe war zwar gut gegen die Viren geschützt. Die Antikörper im Serum konnten die britische Mutation B.1.1.7 zu 99 Prozent neutralisieren und die südafrikanische Variante B.1.351 noch zu 80 Prozent. Allerdings fanden die Forscher diese Antikörper nicht im Speichel der Geimpften. "Das sogenannte Schleimhaut-Immunsystem wird durch die Impfung wahrscheinlich nicht so aktiviert, wie man sich das wünschen würde", erklärt Studienautor Borte im MDR. Das Virus könnte sich also im Rachen von Geimpften weiterhin vermehren und so auch übertragen werden.
"Die Pandemie ist noch nicht ausgestanden"
Genesene zeigten den Ergebnissen zufolge je nach Schweregrad ihrer Covid-19-Erkrankung eine stark unterschiedliche Immunität. Hatten die Menschen nur eine relativ leichte Infektion mit Hals- und Gliederschmerzen sowie etwas Fieber durchgemacht, nahm die Zahl der schützenden Antikörper im Verlauf von sechs Monaten stark ab. So zeigte sich bei den Neutralisationstests gegen die Südafrikavariante B.1.351 dann nur noch ein Schutz von etwa 30 Prozent.
Somit warnen Borte und seine Kolleginnen und Kollegen vor vorschnellen Lockerungen. Öffnungsschritte sollten erst ab einer Impfquote von etwa 50 Prozent der Bevölkerung erfolgen, sagt der Mediziner dem MDR. Dann seien "gut durchdachte Öffnungsszenarien und großräumige Pilotversuche sinnvoll". Bis dahin müssten auch Geimpfte weiterhin Masken tragen und die Abstands- und Hygieneregeln einhalten. Auch sei es weiterhin sinnvoll, Geimpfte zu testen. Bei der Planung des Sommerurlaubs müssten zudem die Inzidenzen an den Urlaubsorten beachtet werden. "Die Pandemie ist noch nicht ausgestanden."
Dass die Hälfte der Menschen in Deutschland vollständig geimpft ist, könnte allerdings noch einige Zeit dauern. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) erhielten zwar bislang 30,6 Prozent der Menschen mindestens eine Impfung. Den vollen Impfschutz haben aber erst 8,6 Prozent der Bevölkerung.
Quelle: ntv.de, hny
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