In allen US-Staaten ist Wasser bleiverseucht

  18 März 2016    Gelesen: 678
In allen US-Staaten ist Wasser bleiverseucht
Nicht nur die amerikanische Kleinstadt Flint hat Probleme mit bleiverseuchtem Trinkwasser. Mittlerweile sind sechs Millionen Bürger und 50 Bundesstaaten von der Kontamination betroffen.
Der Skandal um bleiverseuchtes Trinkwasser in den USA weitet sich aus. Wie die Zeitung "USA Today" am Donnerstag unter Berufung auf eigene Recherchen berichtete, sind rund sechs Millionen US-Bürger betroffen. In etwa 2000 Wasserverteilungssystemen seien Bleiwerte gemessen worden, die über den von der Umweltschutzbehörde EPA empfohlenen Grenzwerten lägen. Betroffen seien alle 50 Bundesstaaten.

Das Problem der Bleikontamination hat damit offenbar weitaus größere Dimensionen als bislang bekannt. In den vergangenen Monaten hatten die Zustände in der Stadt Flint im Bundesstaat Michigan die Aufmerksamkeit der US-Öffentlichkeit auf das Problem gelenkt. Wegen der Verseuchung des Trinkwassers in der 100.000-Einwohner-Stadt rief Präsident Barack Obama im Januar den Notstand in Michigan aus. Der dortige Gouverneur Rick Snyder sah sich wegen des Skandals mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

Bei Kindern in Flint waren deutlich erhöhte Bleiwerte festgestellt worden, viele Einwohner klagen über Hautausschlag, Erbrechen und Haarausfall. Kinder sind besonders empfindlich für die Wirkungen des Gifts. Blei kann sogar dauerhafte Lern- und Verhaltensprobleme verursachen.

Bleigehalt 42 Mal so hoch wie der Grenzwert

Laut "USA Today" versorgen etwa 350 der landesweit von der Bleikontaminierung betroffenen Wasserversorgungssysteme auch Schulen und Kitas. Die Zeitung berichtete von dem Fall einer Grundschule im Bundesstaat Maine an der Nordostküste, wo der gemessene Bleigehalt 42 Mal so hoch gewesen sei wie der EPA-Grenzwert. In einer Kita im Bundesstaat Pennsylvania an der Ostküste habe der Wert um das 14-Fache über der Norm gelegen.

In Flint geht die Bleikontamination auf Sparmaßnahmen zurück. Die Stadtverwaltung hatte im April 2014 damit begonnen, Wasser aus dem mit Chemikalien verseuchten Flint-Fluss zur Trinkwasseraufbereitung zu nutzen. Zuvor war Trinkwasser aus Detroit bezogen worden.

"Wir dachten alle, das sei nur ein schlechter Witz", sagte Rhonda Kelso, eine langjährige Bewohnerin von Flint, als die Behörden im März 2014 entschieden, vorübergehend den Flint River anzuzapfen. Doch die Stadt meinte es ernst. "Was da aus der Leitung kommt, stinkt und hat einen sehr seltsamen Geschmack", sagte Kelso CNN. Ihre Tochter habe immer gefragt, warum das "Wasser so braun" sei. Sie wollte sich damit nicht waschen und die Brühe schon gar nicht trinken.

Das Rathaus und auch Gouverneur Snyder versicherten dagegen immer wieder: "Das Wasser ist sauber." Das bestätigte auch ein von der Stadt eingesetzter "Wasserexperte". Im Februar 2015 erklärte er in seinem Gutachten: "Das Flint-Wasser kann man trotz der Verfärbung und einzelner Schmutzablagerungen bedenkenlos trinken."

Trinkwasserskandal ist Wahlkampf-Thema

Laut einer Klage von Bürgerrechtlern genehmigte die Umweltbehörde des Bundesstaates den Schritt, obwohl die Kläranlage der Stadt das Flusswasser nicht entsprechend den Trinkwasservorschriften aufbereiten kann. Experten vermuten, dass die Chemikalien aus dem Fluss die Wasserrohre derart zersetzten, dass das in ihnen enthaltene Blei in großen Mengen in die Trinkwasseranlagen gelangen konnte.

Gouverneur Snyder musste am Donnerstag vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses Stellung beziehen. Der Republikaner räumte seine Mitverantwortung ein. Allerdings seien auf allen Ebenen Fehler gemacht worden, auch in der Gemeindeverwaltung und in den Bundesbehörden: "Wir haben alle gegenüber den Familien von Flint versagt."

Vertreter der Demokraten nahmen Snyder während der Anhörung hart in die Zange. Er nehme dem Gouverneur nicht ab, dass er bis zum Oktober 2015 nichts von der Verseuchung gewusst habe, sagte der Abgeordnete Matt Cartwright und fügte hinzu: "Ich habe genug von Ihrer gespielten Zerknirschtheit und Ihren fadenscheinigen Entschuldigungen." Der Trinkwasserskandal ist auch zu einem Thema im US-Wahlkampf geworden.

Quelle : spiegel.de

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