Peugeot 308 GTi - Kein brutaler Asphaltbeißer

  08 Oktober 2015    Gelesen: 868
Peugeot 308 GTi - Kein brutaler Asphaltbeißer
Wer GTI denkt, denkt VW Golf. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Fußend auf einer Renntradition, die 1895 ihren Anfang nimmt, gibt es auch einen kompakten französischen Straßensportler mit dem Kürzel. Nur, dass das i hier klein ist. Bescheidenheit? Nur äußerlich.
Wenn der sportlich orientierte Fahrer an einen Kompakten denkt, dann wohl zuerst an den Golf GTI. Vor zwei Jahren im Kleid der siebten Generation vorgestellt, hat der Wolfsburger an alle alten Tugenden angeknüpft: hart, direkt, unerbittlich und im Einstieg recht preiswert. Ergo, der Golf ist und bleibt - ob Normalo oder Sportler - Maßstab und Trendsetter. So jedenfalls hat auch Peugeot gedacht, als der neue 308 auf den Markt kam. Doch ab dem 12. November schicken die Franzosen jetzt auch einen GTi ins Rennen. Der ist ganz anders als das deutsche Pendant: potenter, zärtlicher, gar nicht vorlaut und in der Summe kein bisschen unsportlich.

Anders als der Golf GTI schöpft der Franzose seine Kraft nicht aus einem 2.0 Liter Triebwerk, sondern aus "schmalen" 1,6 Litern Hubraum. Dafür generiert der Peugeot aber 272 PS und lässt damit 22 Pferde mehr von der Koppel als das "Performance"-Modell aus Wolfsburg. Auch in puncto Beschleunigung hat der 308 GTi die Nase vorn. Lediglich 6,0 Sekunden braucht er, bis die 100-km/h-Marke geknackt ist. Der deutsche Mitbewerber benötigt 0,4 Sekunden mehr. Die Spitzengeschwindigkeit liegt bei beiden Modellen bei knapp 250 km/h, wobei die Tachonadel des Franzosen hier witzigerweise tatsächlich an das Ende der Skala stößt. Auch beim Verbrauch nehmen sich die Rivalen nichts. Sechs Liter wurden auf dem Rollenprüfstand ermittelt. Im Alltagsbetrieb liegt der Verbrauch beider Modelle bei etwas über acht Litern.

Kleiner Motor, ganze Leistung

Nur beim Drehmoment muss sich der Franzose geschlagen geben. Hier bringt er es auf 330 Newtonmeter, wo der Germane 350 auf die Vorderachse wuchtet. Das maximale Drehmoment liegt beim Golf GTI bereits ab 1500 Umdrehungen an, beim 308 GTi braucht es 1900 Kurbelwellenumdrehungen. Sicher, das sind marginale Werte, die nur auf der Rennstrecke oder beim adrenalinschwangeren Ampelstart zählen. Dennoch, für denjenigen, der 34.950 Euro für den französischen Sportler auf den Tisch legt, sollten das keine Kleinigkeiten sein. Denn wer in das mit 230 PS bewährte deutsche Pendant einsteigen will, zahlt knapp 4000 Euro weniger.

Nun sind derartige Preisunterschiede immer irgendwo begründet. Im Falle des 308 GTi liegt es wohl in der Gesamtarchitektur. Um den Franzosen zu einem alltagstauglichen Sportler zu machen, wurde nämlich einiges investiert. Allein das 14-köpfige Team um den Chef der Triebwerke, Thierry Chauvet, hat ganze Arbeit geleistet, um aus dem Serien-1,6-Liter-Triebwerk ein echtes Sportaggregat zu machen. Die Turbolader arbeiten hier mit 2,5 bar, der Einspritzdruck liegt bei 200 bar und verdichtet wird in einem Verhältnis von 9,2:1. Die Kolben sind aus geschmiedetem Aluminium, die Kolbenringe wurden verstärkt, die Kühlung erfolgt durch zwei separate Öldüse und die Pleuellager sind polymerbeschichtet. Das aber nur als Info für die Technikfreunde. Zusammengenommen sorgt das zum einen für eine höhere Belastbarkeit, zum anderen reduziert es das Gewicht des Fahrzeuges. Mit 1395 Kilogramm steht hier ein Modellathlet auf der Wage und das obgleich keine Abstriche beim Komfort gemacht wurden.

Keine Kurve ist zu eng

Der 308 GTi erfreut nämlich im Gegensatz zu seinen kompakten Spielkameraden durch ein enorm ausgewogenes Fahrwerk. Wo einem sonst bei Querfugen die Bandscheiben durch die Schädeldecke zu schießen drohen, federt der Franzose leichtfüßig ab. Grund dafür ist, dass die Federkennung deutlich länger und härter ausgelegt ist, der Stabilisator im Gegensatz dazu aber weicher gemacht wurde. Im Zusammenspiel mit der Hinterachse, deren Querträger wiederum härter ausgelegt sind, führt das zu einer besseren Balance und einem sanften Ausfedern von asphaltiertem Ungemach. Wer jetzt mutmaßt, dass der Dynamiker dadurch bei schneller Kurvenfahrt ins Untersteuern oder gar Schwimmen gerät, der darf sich eines Besseren belehren lassen.

Selbst auf der Rennstrecke in den Grenzbereich gefahren, zeigt der 308 GTi diesbezüglich keine Schwächen. Dank einer breiteren Spur und einer veränderten Vorderachsgeometrie krallen sich die 235er Sportgummis perfekt in den Asphalt. Zumal sich der Franzose mit seiner sehr direkten Lenkung angenehm spitz in die Kehre zirkeln lässt. Unterstützt wird der präzise Kurvenlauf durch ein elektronisch arbeitendes Torsen-Differenzial und ein im Wirkungsgrad weit gespreiztes ESP, das dafür sorgt, dass das maximale Drehmoment immer an das Rad mit dem besseren Grip geleitet wird.

Das bedeutet, dass noch vor dem Kurvenausgang der Pin wieder ordentlich ins Blech gebügelt werden kann, ohne das der Wagen ob mangelnder Traktion auszubrechen droht. Wer das ESP komplett deaktiviert, sollte hier bei entsprechendem Können auch in der Drift ums Eck kommen. Den Halt in solchen Situationen übernehmen extra angefertigte und mit Alkantara bespannte Integralsitze. Auch die sind nicht nur wegen der Massagefunktion erstaunlich komfortabel. Sie bieten dank der sehr hoch ausgeformten Seitenwangen auch einen ausgezeichneten Halt bei der Kurvenhatz.

Poser können nur verlieren

Für den festen Stand sorgen Vierkolbenbremsen, die vorn in Bremsscheiben mit einem Durchmesser von 380 Millimetern beißen und sich hinten in 410 Millimeter große Scheiben krallen. Das hat nicht nur den Vorzug, dass der Franzose in brenzligen Situationen ausgesprochen standfest ist, sondern bedingt auch wuchtige 19-Zoll-Felgen. Die sind nämlich notwendig, damit die Bremsanlage überhaupt untergebracht werden kann. Der deutsche Konkurrent hat hier nur 17 Zöller zu bieten.

Trotz der beschriebenen Performance gibt sich der 308 GTi optisch und tonal eher bescheiden. Er gehört zur Fraktion: Unterschätze niemals deinen Gegner! Denn ein Leistungsgewicht von 4,82 Kilogramm pro PS ist in dieser Klasse eine Ansage und wer aus dem Stand nach 25,6 Sekunden den Kilometer hinter sich gelassen hat, der kann kein Schlappschwanz sein. Aber wie gesagt, verpackt ist das alles dezent. Wer hier nicht die zweifarbige Sonderlackierung wählt, wird im Straßenverkehr kaum auffallen. Natürlich sind die üblichen Hoheitszeichen wie GTi-Schriftzug, große Lufteinlässe am vorderen Stoßfänger oder auch die zwei fetten, verchromten Endrohre zu finden.

Doch das alles ist unaufdringlich wie der Sound, der im Sportmodus etwas deutlicher wird, wenn die Nadel des Drehzahlmessers an die 6000 stößt. Vergreifen wird sich der Franzose im Ton aber nie. Feine Manieren liegen ihm sozusagen im Blut, aber wenn er will, kann er aus dem Nichts mächtig austeilen. So mancher Poser wird eine Träne verdrücken müssen, wenn der Fahrer des Peugeot 308 GTi Ernst macht.

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