Erst nach einer gefühlten Ewigkeit stillt das kalte Wasser den Schmerz und gibt mir freien Blick auf meinen kleinen Finger der rechten Hand. Sieht nicht gut aus, denke ich mir, während leichte Übelkeit und ein Schwindelgefühl sich breitmachen. Symptome, die mich an meinen doppelten Rippenbruch beim Einzelkämpferlehrgang der Bundeswehr erinnern. Das war 2001. Weitergemacht habe ich dennoch – zurückblickend für mich unverantwortlich. Dennoch habe ich mit Erfolg abgeschlossen. Hilft mir in dieser besonderen, neuen Situation aber herzlich wenig.
Was war passiert? Es ist die erste Trainingseinheit meiner Vorbereitung auf die Deutschen Meisterschaften im Natural Bodybuilding. Schultertraining. Letzter Satz. Nackendrücken mit der Langhantel. Eine kleine Unachtsamkeit. Das Gewicht landet bei der letzten Wiederholung genau auf meiner Hand. 60 Kilogramm insgesamt. 20 Jahre Training. Nie ist mir etwas passiert. Und nun das! Großer, offener Splitterbruch des kleinen rechten Fingers. Das kann doch nicht wahr sein, denke ich mir, während die Ärzte in der Notaufnahme den Finger zusammenflicken. Ist dies das Ende der Vorbereitung auf die Deutsche Meisterschaft (Natural Bodybuildung)? Nein, niemals. Sturheit gegenüber den Ärzten, großer Wille und ein Spezialhandschuh ermöglichen es mir, dass ich nur zwei Tage später wieder trainiere.
Wie sieht so ein Training aber eigentlich aus und worin unterscheidet es sich möglicherweise von anderen Einheiten?
Tipps für Ihren Trainingsplan
Ihre persönliche Marschroute ist ein ausgefeilter Trainingsplan, der individuell und abwechslungsreich ist. Sie sollten einerseits eine gewisse Routine entwickeln, andererseits aber auch regelmäßig neue Reize setzen. Die Balance zwischen Belastung und Erholung ist der Schlüssel zum Erfolg.
Außerhalb der Wettkampfsaison drei bis vier Trainingseinheiten pro Woche
Jede Trainingseinheit zwischen 70 und 90 Minuten
Vorschlag: eine große und eine kleine Muskelgruppe in einer Trainingseinheit trainieren, vorzugsweise Agonist und Antagonist – Spieler und Gegenspielermuskel. Ruhig auch unkonventionell: Rücken und Trizeps zusammen. Brust und Bizeps. Schultern und Waden
Eine ganze Trainingseinheit der Beinmuskulatur widmen
Das Training mit Bauchmuskel- und Core-Übungen beginnen. Warum? Sie werden oft vergessen oder meist irgendwie am Ende gemacht. Dieser Bereich Ihres Körpers gibt Ihnen aber die notwendige Stabilität
Generell gilt: Setzen Sie stets die Übungen an den Anfang, die Ihnen vermeintlich nicht so viel Spaß machen
Arbeiten Sie vor allem an Ihren Schwächen.
Grundregeln zum Kraftausdauertraining
Maximalkraft- und Kraftausdauertrainingseinheiten wechseln sich effektiv im Trainingszyklus über das Jahr verteilt ab. Als Faustregel für das Aufbau- und Maximalkrafttraining gilt:
Vier verschiedene Übungen pro zu trainierende große Muskelgruppe (Brust, Rücken, Beine) mit jeweils drei Sätzen mit jeweils sechs bis acht Wiederholungen
Kleinere Muskelgruppen (Bizeps, Trizeps, Schultern, Waden) erfordern drei verschiedene Übungen in jeweils drei Sätzen
Satzpause etwa 90 Sekunden
Das Kraftausdauertraining sollten Sie etwa alle zwölf Wochen in Ihr Training einbauen. Andere Belastung, andere Reize. Grundregeln sind hier:
Drei verschiedene Übungen pro Muskelgruppe
Drei Sätze mit jeweils 15 bis 20 Wiederholungen
Satzpause maximal 60 Sekunden.
Sie können hier auch sogenannte Supersätze einbauen. Das bedeutet zum Beispiel Bankdrücken und Bizeps-Curls oder Klimmzüge und Dips in einem Satz ohne Pause zu kombinieren. Vier Wochen genügen, bevor Sie dann wieder in das Aufbautraining einsteigen. Sehr dicke und dünnere Muskelfasern werden hierbei systematisch und abwechselnd gefordert und geben Ihnen die notwendige, ausgereifte Form der Muskulatur.
Sie wollen sich auf einen Wettkampf vorbereiten?
Wenn Sie an einem Wettkampf teilnehmen möchten, bekommen die oben angeführten Trainingsformen eine besondere Bedeutung. Eine Standardregel für ein erfolgreiches Wettkampftraining gibt es nicht. Sie sollten sich aber mindestens ein Jahr Zeit für eine optimale Vorbereitung nehmen, besser etwas mehr. Geben Sie sich und Ihrem Körper die notwendige Zeit, die Trainingsreize nicht nur umzusetzen, sondern sich auch anzupassen.
In diesem Sinne gilt es, die Leistung in den Trainingseinheiten und die Qualität des Athletenkörpers sukzessive zu erhöhen. Die Anzahl der Einheiten kann auf fünf bis sechs pro Woche gesteigert werden – gepaart mit einem Ausdauerprogramm, das Sie zweimal pro Woche im Anschluss an Ihr Krafttraining absolvieren können, um die Stoffwechselaktivität oben zu halten. Dies fördert zusätzlich den Abbau von Fettmasse und lässt Ihre Muskeln definierter und härter erscheinen. Generell gilt aber stets: Machen Sie es mit Spaß und Leidenschaft. Passt irgendetwas nicht, geben Sie nicht gleich auf, sondern ändern Sie den Weg zum Ziel.
Die Vorbereitungen haben sich gelohnt
Mein kleiner linker Finger sieht übrigens heute so aus, als wäre ihm nie etwas passiert. Und meine Vorbereitung war letztlich auch erfolgreich. Durch Bronze bei den Deutschen Meisterschaften Ende 2014 qualifizierte ich mich für die eine Woche später stattfindende Weltmeisterschaft in den USA und belegte dort einen für mich beachtlichen sechsten Platz.
Pokale und Medaillen sind eine tolle Bestätigung, aber lehrreicher war der Weg dorthin. Ich habe durch das intensive Training und die harte Wettkampfdiät wieder einmal viel über mich selbst gelernt. Ich lerne in jeder Trainingseinheit, bei jeder Übung auf ein Neues, da ich der Überzeugung bin, dass man niemals auslernen kann. Egal ob beim Sport, im Beruf oder im Leben allgemein. Das Ziel bleibt. Aber jeder Tag, jede Einheit ist anders. Egal, von wo Sie kommen, und egal, wohin Sie möchten. Bleiben Sie stark!
In der nächsten Kolumne: Alles über die spezielle Ernährung und ein Einblick in die Diät bei der Vorbereitung auf einen Wettkampf im Natural Bodybuilding. So habe ich einen Körperfettanteil von 3,4 Prozent erreicht.
Quelle : welt.de
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