Der russische Milliardär Roman Abramowitsch nimmt an den heutigen Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland im türkischen Istanbul teil. Das teilten drei mit der Sache vertraute Personen mit. Fotos zeigen den Oligarchen beim Zusammentreffen der Delegationen. Das russische Präsidialamt hatte zuvor erklärt, Abramowitsch habe anfangs eine Rolle bei den Gesprächen gespielt, aber der Prozess liege nun in den Händen der Verhandlungsdelegationen.
Abramowitschs Teilnahme an den Gesprächen ist auch deshalb bemerkenswert, weil der Geschäftsmann laut einem Bericht des "Wall Street Journal" nach Vermittlungsgesprächen in Kiew Anfang des Monats an mutmaßlichen Vergiftungssymptomen gelitten hatte. Auch ukrainische Unterhändler waren demnach betroffen. Im Raum stand deshalb ein mutmaßlicher Giftanschlag auf die Verhandlungen, womöglich um diese zu sabotieren. Vertreter der US-Regierung und der Ukraine äußerten jedoch Zweifel an den Darstellungen.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warnte im Vorfeld der aktuellen Gespräche: "Ich rate jedem, der Verhandlungen mit Russland führt, nichts zu essen oder zu trinken und möglichst keine Oberflächen zu berühren." Die angeblichen Vergiftungen bestätigte die Regierung in Kiew jedoch nicht.
Die russische Regierung rechnet damit, dass sich noch im Laufe des Dienstags oder am Mittwoch herausstellen wird, ob die russisch-ukrainischen Gespräche in der Türkei erfolgreich sein werden. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bestätigte zwar die Anwesenheit Abramowitschs, sagte aber zugleich, der Milliardär gehöre nicht zur russischen Delegation. Auch Peskow wies die Berichte über einen mutmaßlichen Giftanschlag zurück und bezeichnete sie als Lüge im Informationskrieg.
Die Ukraine hatte Abramowitsch zu Beginn der russischen Invasion um Vermittlungshilfe gebeten. Er ist einer der russischen Oligarchen, die vom Westen wegen ihrer Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Sanktionen belegt wurden.
Erdogan sieht "berechtigte Sorgen"
Am Vormittag hatte eine weitere Verhandlungsrunde über eine Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine begonnen. Aus der Runde sind bislang keine Informationen nach außen gedrungen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der die Delegationen in Istanbul empfing, sprach von "berechtigten Sorgen" beider Seiten und rief dazu auf, "die Tragödie" zu beenden.
Die Vertreter Moskaus und Kiews kamen in Istanbul erstmals seit fast drei Wochen wieder direkt zusammen, zuletzt hatte es nur Videokonferenzen gegeben. Die Gespräche sollen bis Mittwoch dauern. Bislang war in keiner der Verhandlungsrunden ein Durchbruch erzielt worden.
Der ukrainische Außenminister Kuleba äußerte sich auch diesmal skeptisch zu den Erfolgsaussichten. "Wenn es sich um eine Wiederholung ihrer Propaganda handelt, werden die Gespräche erneut scheitern", sagte er über die russische Delegation.
Zu den zentralen Themen gehören nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "Sicherheitsgarantien und die Neutralität" sowie der Status der Ukraine als "atomwaffenfreier Staat". Eine Neutralität der Ukraine ist eine der russischen Hauptforderungen.
Quelle: ntv.de, mbe/rts/AFP
Tags: