Wetterdaten legen nahe, dass es unwahrscheinlich ist, dass das beschädigte russische Kriegsschiff "Moskwa" wegen eines Sturms gesunken ist. Die russische Staatsagentur Tass hatte zuvor mit Berufung auf das Verteidigungsministerium berichtet, dass das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte am späten Donnerstagabend während eines Sturms untergegangen sei, als es an sein Ziel geschleppt wurde.
In den sozialen Medien äußerten mehrere Experten Zweifel an der russischen Darstellung. Am Donnerstag herrschten demnach etwa in Sewastopol, der zentralen Hafenstadt der Krim, Windgeschwindigkeiten von nur 7 bis 14 Kilometer pro Stunde vor. Der US-Militärexperte Mark Hertling, ehemaliger kommandierender General der US-Armee in Europa, zweifelte an der russischen Version. "Wenn man sich heute den Wetterbericht außerhalb der Stadt anschaut, dann lagen die Windgeschwindigkeiten etwa bei 4 Meilen pro Stunde (rund 6,44 km/h), 40 Grad Fahrenheit (rund 4 Grad Celsius) und etwas Regen", sagte er dem US-Sender CNN. Der Wetterexperte Jörg Kachelmann twitterte: "Die Moskwa ist ganz sicher nicht wegen eines Sturms gesunken, weil es keinen Sturm gab."
Die "Moskwa" war das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte. Die US-Regierung bezeichnete den Untergang des Schiffs als "schweren Schlag" für die russische Marine. Noch wenige Stunden vor dem Untergang der "Moskwa" hatte das russische Verteidigungsministerium erklärt, ein Feuer an Bord sei unter Kontrolle und das Schiff schwimmfähig. Hunderte Besatzungsmitglieder des mit Raketen ausgerüsteten Kreuzers waren diesen Angaben zufolge auf andere russische Schiffe im Schwarzen Meer gebracht worden.
"Schlüsselrolle" im Schwarzen Meer
Zu den Ursachen der Schäden an der Moskau wiederholte das russische Verteidigungsministerium am Abend seine Darstellung, dass Munition an Bord explodiert sei. Durch das anschließende Feuer sei der Rumpf beschädigt worden. Dies habe dann zum Untergang der "Moskwa" geführt. Das Moskauer Verteidigungsministerium äußerte sich am Abend aber weiterhin nicht dazu, wie die Explosion ausgelöst wurde. Zuvor hatte es erklärt, es lasse die Ursache der Detonation untersuchen. Der Sprecher der ukrainischen Armee in der Hafenstadt Odessa, Sergej Bratschuk, hatte mitgeteilt, die "Moskwa" sei von ukrainischen Raketen vom Typ "Neptun" getroffen worden.
Bei dem Untergang der "Moskwa" handelt es sich um einen der größten materiellen Verluste für die russische Armee seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine am 24. Februar. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte, der Untergang der "Moskwa" werde "Konsequenzen" für die Einsatzfähigkeiten der russischen Marine in der Region haben. Der mit Raketen ausgerüstete Kreuzer habe eine "Schlüsselrolle" in den Bemühungen Russlands gespielt, eine "Dominanz seiner Marine im Schwarzen Meer" herzustellen, sagte Kirby dem US-Sender CNN. Die zu Sowjetzeiten gebaute "Moskwa" hatte zusammen mit anderen Schiffen der Schwarzmeerflotte die südukrainische Hafenstadt Mariupol blockiert.
Das letzte Satellitenbild der "Moskwa" stammt offenbar vom 10. April, teilte das US-Unternehmen Maxar mit. Demnach sei das Wetter über dem Schwarzen Meer in den vergangenen Tagen zuletzt bewölkt gewesen, was es erschwert habe, Bilder von dem Kriegsschiff zu machen. Maxar hatte im bisherigen Kriegsverlauf immer wieder Satellitenbilder aus der Ukraine geliefert und konnte damit auch Kriegsverbrechen aufklären. So zum Beispiel bei den Gräueltaten in Butscha, als die Aufnahmen darauf hinwiesen, dass dort Leichen von Zivilisten bereits lagen, als der Kiewer Vorort noch unter russischer Kontrolle stand - und damit die Kreml-Erklärung widerlegten.
Quelle: ntv.de, ses/AFP/dpa
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