Ja klar, die Zukunft mag elektrisch sein. Und elektrische Antriebe funktionieren ja auch immer besser, weil die Ladezeiten kürzer werden bei gleichzeitig dichter werdender Ladeinfrastruktur. Doch nicht jeder Kunde ist von der Elektromobilität begeistert, derzeit sogar deutlich weniger als jene Gruppe, die dem Verbrenner die Treue schwört. Die Beweggründe sind individuell und daher unterschiedlich.
ntv.de hat vier verschiedene Diesel unter die Lupe genommen, anhand derer sich gut aufschlüsseln lässt, warum sich der Stromer für die jeweilige Fahrzeugart noch oder vielleicht sogar dauerhaft im Hintertreffen befindet.
V8-Sound beim V6-Diesel muss nicht sein
Den Anfang macht der Audi S6 Avant. Ja klar, Audi ist aktuell mit der Einführung des A6 E-Tron beschäftigt. Die elektrische Variante des A6 (und auch S6) wird mit großer Batterie und rasanter Ladeperformance spannend für Langstrecken-Fahrer. Aber so zügig schnelle Autobahnetappen bezwingen wie mit einem klassischen S6? Derzeit unmöglich. Wer viel Erfahrung mit batterieelektrischen Fahrzeugen hat, weiß, dass die Reichweite nie reproduzierbar ist und von äußeren Faktoren wie beispielsweise der Witterung abhängt. Und wenn der rechte Fuß auf der verkehrsarmen, unlimitierten Autobahn schwerer wird, zieht es den Akku in Windeseile leer.
Nicht so den Tank des bärenstarken (344 PS) S6 TDI. Der Dreiliter-Sechszylinder bleibt selbst bei zügiger Fahrt um die 160 km/h human im Kraftstoffverbrauch, lässt sich dann noch immer mit unter acht Litern Dieselkraftstoff pro 100 Kilometer bewegen. Ein etwa elf Kilowatt starker Startergenerator greift dem Selbstzünder in betriebsungünstigen Phasen unter die Arme. Und selbst wenn die Tankstelle nach 800 statt 1000 Kilometern aufgesucht werden muss, weil man sich tempomäßig verausgabt hat (auf Wunsch beschleunigt der 2,1 Tonnen schwere Bayer binnen 5,1 Sekunden auf 100 Sachen und rennt 250 km/h) - na und? Nach drei Minuten ist der Tank wieder gefüllt und die Fahrt wird fortgesetzt. Bequeme Sitze und viel Platz (gilt auch für den Kofferraum mit 1680 Litern Stauvolumen) machen den Ingolstädter zum begehrten Express-Tourer. Die Allradlenkung lässt außerdem viel Kurvendynamik zu.
Gut, Gimmicks wie den Soundgenerator lasse ich aus. Nicht, weil ich behutsam unterstützten Motorklang ablehnen würde. Aber V8-Gebrabbel beim Sechszylinder-Selbstzünder? Nein, danke. Mit 86.600 Euro Basispreis ist der S6 Avant Quattro naturgemäß kein Schnäppchen. Mit weniger als der Hälfte an Geld lässt sich ein ziemlich cooler Diesel erwerben. Cool, weil total exotisch, und das kann ja auch einen besonderen Reiz ausüben.
Ami-Marke und Diesel, exotischer geht es nicht
Wetten, Sie kommen nicht auf das Modell? Die Rede ist vom Cadillac XT4 350D. Warum so eine kryptische Modellbezeichnung? Man weiß es nicht. Beim Benziner würde das Drehmoment mit exakt 350 Newtonmetern passen, der Diesel gibt allerdings 381 Newtonmeter ab. Und da wäre auch schon der Grund, warum die Neungang-Automatik den Fahrer meist in Ruhe lässt, nachdem sie erst einmal hochgeschaltet hat. Der Selbstzünder ist elastisch genug, um auch mal im großen Gang zu überholen, dann wird eben nicht heruntergeschaltet. Mit dem 174 PS starken Zweiliter-Vierzylinder kann man schon gut auskommen, wenngleich er jetzt nicht ganz so kultiviert läuft.
Das kann aber auch einfach daran liegen, dass Cadillac nicht ganz so aufwendig gedämmt hat. Man muss sich nichts vormachen, bei der US-amerikanischen Marke wird Luxus anders definiert. Und außerdem ist der XT4 ja auch bloß eine Mittelklasse. Innen ist er simpel gehalten, wobei Infotainment bei General Motors hochgehalten wird. Schließlich war es die Corvette, bei der die Amis schon lange vor BMW und den anderen einschlägigen Marken ein Head-up-Display verbaut haben. Also gibt es einen ordentlich funktionierenden Touchscreen. Aber es ist nicht so, als sei die Menüführung auf dem XT4-Touchscreen besonders ausgeklügelt oder der Prozessor sonderlich schnell. Und das Update mit dem komplett neu gestalteten Riesen-Monitor hat die europäische XT4-Variante leider nicht mehr verpasst bekommen. Mit Platzangebot und Sitzkomfort kann man schon leben, wenngleich hier nichts Herausragendes geboten wird.
Auch das Gepäckraumvolumen bleibt mit unter 1400 Litern weit entfernt vom maximal Möglichen im Segment. Sparsam ist der Ami aber durchaus mit sechseinhalb Litern je 100 Kilometer, und so kratzt die Reichweite auch hier an der 1000-Kilometer-Schwelle - das kann eben nur der Diesel. Der XT4 lebt letztlich vom Exotischen und irgendwie vom Markennamen, mit dem man immer noch begehrte amerikanische Straßenkreuzer assoziiert. Konfigurieren kann man das Mittelklasse-SUV nicht mehr, allerdings sind noch genügend Neuwagen im Abverkauf, die man für etwa 35.000 Euro bekommt. Und man muss angesichts des Gebotenen sagen: Der Preis ist heiß.
Der Mazda-Diesel ist Hightech durch und durch
Der Dieselmotor des dritten Kandidaten hier im Bunde ist technisch auf einem ganz anderen Level. Es handelt sich um den Mazda CX-60. Und für diesen (allerdings auch für andere Modelle) hat Mazda das Triebwerk jüngst sogar erst komplett neu entwickelt! Und nicht etwa einen langweiligen Nullachtfünfzehn-Selbstzünder, sondern die Rede ist von einem Reihensechszylinder mit 3,3 Litern Hubraum.
Wobei "Reihensechszylinder" aufhorchen lässt, denn diese Motorenart mit dem vibrationsfreien Lauf dank Ausgleich der sogenannten Massenkräfte zweiter Ordnung ist bei technikaffinen Kunden ziemlich begehrt. Und das Triebwerk des CX-60 hat es in sich. Nicht nur, weil sich der 550-Newtonmeter-Brocken 17 elektrische Pferdchen und 153 Newtonmeter on top gönnt, sondern weil das Verbrennungsverfahren innovativ ist. Ein speziell gestalteter Kolbenboden (zweistufig-eiförmig) teilt das Kraftstoff-Luft-Gemisch innerhalb der Kolbenmulde auf. So läuft der Diesel über einen weiter als üblich gespreizten Betriebsbereich effizienter und wird auch noch leiser dadurch.
In der Tat klingt der Sechsender dezent-kultiviert, selbst wenn man die 254 PS der stärkeren Variante vollumfänglich nutzt und binnen 7,4 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt. Zur Effizienz des Hightech-Diesels (5,3 Liter je 100 Kilometer gemäß WLTP) trägt nicht zuletzt die Achtgang-Automatik ohne Drehmomentwandler bei. Demnach kann der Fahrer des komfortabel-ausgewogen abgestimmten CX-60 ebenfalls über 1000 Kilometer am Stück zurücklegen. Kostenpunkt: 54.950 Euro.
Hilux steht seit Jahrzehnten für Nutzwert und Robustheit
Um Reichweite geht es beim letzten hier besprochenen Kandidaten, dem Toyota Hilux, sicherlich nicht. Aber dennoch verkörpert der schrotige Pick-up aus dem Hause Toyota ein Merkmal, das elektrischen Antrieben derzeit abgeht. Weil ein Akku einfach nicht so viel Energie speichert derzeit. Es geht um den Zugbetrieb.
Wer ständig hohe Lasten mit seinem Offroader schleppen muss, verflucht das batterieelektrische Fahrzeug, zumal der Markt sowieso noch keine Vehikel bietet, die 3,5 Tonnen an den Haken nehmen dürfen. Für den traditionellen Eintonnen-Pick-up kein Problem. Genauso wie das Stapfen durch unwegbares Gelände. Hier allerdings hätte der elektrische Antrieb wiederum die Nase vorn, denn mit ihm kann man je nach Technikkonzept jedes einzelne Rad einzeln ansteuern. Diesen Effekt muss der Ingenieur beim Verbrenner aufwändig über Differenzialsperren darstellen.
Für den kraxelnden, ladenden (auf die Pritsche passt jede Menge Zeug) und schleppenden Hilux gilt übrigens: Bitte halten Sie sich möglichst aus urbanen Gebieten fern. Der 5,33-Meter-Liner mit dem riesigen Wendekreis ist der Horror in jedem Parkhaus. Dafür lässt sich der blattgefederte 2,3-Tonner ganz entspannt auf mittleren Strecken einsetzen, ist geräumig und komfortabel, wenn man sich an den dürftigen Geradeauslauf gewöhnt hat. Und verrückt: Die Variante mit dem 204 PS starken Vierzylinder-Diesel (2,8 Liter) bekommt neuerdings 65 elektrische Newtonmeter Schützenhilfe. Das Nutztier ist zum Kurs ab 48.659 Euro zu haben.
Quelle: ntv.de
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