Kurz nach der Mittagspause packte Eva-Marie Distler den verbalen Hammer aus: "Man kann - überspitzt formuliert - ihre Ausführung mit einem Satz wegwischen", sagte die Vorsitzende Richterin im Sommermärchen-Prozess zu den Verteidigungsversuchen des DFB-Anwalts: "Sie haben den Prototyp der versuchten Steuerhinterziehung dargestellt. Was Sie dargestellt haben, ist eine versuchte Steuerhinterziehung, Punkt."
Schon zuvor wurde deutlich, dass dem Deutschen Fußball-Bund beim bevorstehenden Abschluss des Prozesses eine Verurteilung droht. "Die Behandlung der Zahlung von 6,7 Millionen Euro in den Jahren 2005 und 2006 entsprach nach vorläufiger Würdigung nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung", sagte Distler bei ihrem "rechtlichen Hinweis" zum Stand der Dinge: "Es liegt auch eine Steuerverkürzung vor. Entgegen der Ausführung der Verteidigung wirkt sich die Buchung der 6,7 Millionen Euro im Jahr 2006 auf das Ergebnis und damit auf den Gewinn des Beteiligten aus."
Dem DFB droht Geldstrafe
Beim seit März 2024 andauernden Verfahren um die dubiosen Zahlungsflüsse rund um die WM 2006 vor dem Landgericht Frankfurt/Main geht es mittlerweile um eine mögliche Geldstrafe für den DFB. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Verband vor, rund 2,7 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Der am Mittwoch als Zeuge vernommene Vertreter der Steuerfahndung untermauerte mit seiner Aussage die Anschuldigung.
DFB-Anwalt Jan Olaf Leisner wies den Vorwurf erneut mit detaillierten Ausführungen zurück, wurde aber von Distler gekontert. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, das Urteil soll am 25. Juni fallen. Von den anfangs drei Beschuldigten sitzt in der finalen Phase des Prozesses niemand mehr auf der Anklagebank. Die Verfahren gegen die drei ehemaligen DFB-Spitzenfunktionäre Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt wurden gegen die Zahlungen von Geldstrafen eingestellt.
Gericht geht von Schmiergeldzahlung aus
Für das Gericht steht längst fest, wofür die ominösen 6,7 Millionen Euro, die vom DFB als Ausgabe für eine nie stattgefundene WM-Gala deklariert worden waren, verwendet wurden: Demnach handelte es sich um eine von WM-Chef Franz Beckenbauer im DFB-Dienst veranlasste Schmiergeldzahlung an korrupte Mitglieder der damaligen FIFA-Finanzkommission um Mohamed bin Hammam. So wollten sich die damaligen DFB-Spitzenfunktionäre den am Ende gewährten WM-Zuschuss des Weltverbands in Höhe von 170 Millionen Euro sichern.
Die 6,7 Millionen wurden 2005 vom deutschen Organisationskomitee (OK) über die FIFA an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Louis-Dreyfus an bin Hammam nach Katar geflossen. Der DFB verbuchte dies im Jahr 2006 als Betriebsausgabe.
In der Folge wurde dem Verband rückwirkend die Gemeinnützigkeit aberkannt, 22 Millionen Euro musste der DFB an Steuern nachzahlen. Der DFB will vor dem Finanzgericht Kassel um die Rückerstattung seiner Steuernachzahlung kämpfen.
Quelle: ntv.de, ara/sid
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