Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben am Morgen die Stadt Lwiw im Westen der Ukraine mit Raketen angegriffen. Der Gouverneur der Region Lwiw, Maxym Kosyzky, schrieb bei Telegram, mindestens sechs Menschen seien getötet, mindestens acht weitere Menschen verletzt worden. Unter den Opfern sei auch ein Kind. Medienberichten zufolge herrscht in Lwiw immer noch Luftalarm. Weitere Angriffe werden nicht ausgeschlossen. Auch aus anderen Teilen der Ukraine, darunter der Hauptstadt, wurden neue Angriffe gemeldet.
Mychailo Podoljak, Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, twitterte, es habe "fünf heftige Raketenangriffe auf einmal auf die zivile Infrastruktur der alten europäischen Stadt Lwiw" gegeben. "Die Russen greifen weiterhin barbarisch ukrainische Städte aus der Luft an", schrieb er. Rettungskräfte seien am Einsatzort, erklärte der Bürgermeister der Stadt, Andrij Sadowy, auf Telegram. Ein Anwohner im Südwesten von Lwiw sagte der Nachrichtenagentur AFP, er habe dicke graue Rauchwolken gesehen, die hinter Wohnhäusern in den Himmel gestiegen seien.
Wie der Chef der ukrainischen Bahngesellschaft, Alexander Kamyschin, mitteilte, wurde bei dem Angriff auch Bahninfrastruktur beschädigt. Er verbreitete in den Online-Netzwerken ein Foto, auf dem Feuer und Rauch über einem kleinen Gebäude neben einem Eisenbahngleis zu sehen sind. Fahrgäste oder Bahn-Angestellte wurden seinen Angaben zufolge bei dem Angriff nicht verletzt.
Lwiw liegt weit von der Front entfernt in der Westukraine und wurde seit dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar nur selten bombardiert. Am 26. März wurde die Stadt von einer Reihe russischer Luftangriffe getroffen. Unter anderem wurde ein Treibstofflager angegriffen, fünf Menschen wurden nach Behördenangaben dabei verletzt. Bei einem weiteren Angriff wenige Tage zuvor wurde die Stadt Ziel eines Luftangriffs, bei dem eine Flugzeugreparaturfabrik in der Nähe des Flughafens getroffen wurde. Am 13. März hatten russische Marschflugkörper einen wichtigen Militärstützpunkt etwa 40 Kilometer nordwestlich von Lwiw ins Visier genommen, wobei mindestens 35 Menschen getötet und 134 verletzt wurden.
Lwiw, das nahe der polnischen Grenze liegt, hat sich zu einem Zufluchtsort für Geflohene entwickelt. Auch westliche Botschaften wurden zu Beginn des Krieges aus Kiew nach Lwiw verlegt.
Auch Kiew wurde am Morgen offenbar erneut angegriffen. Ein Reuters-Reporter berichtete von mehreren Detonationen in der Hauptstadt. Ebenso sind in der Region Dnipropetrowsk im östlichen Landesteil nach Angaben örtlicher Behörden mehrere Explosionen zu hören gewesen. Der Sender Suspilne berichtet, bei Luftangriffen in der Region Dnipropetrowsk seien zwei Menschen verletzt worden.
Kiew: Russische Vorbereitung für neue Offensive fast beendet
Derweil erwartet Kiew eine neue russische Offensive im Donbass. Das russische Militär habe seine Vorbereitungen dafür fast beendet, erklärte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht: "Im östlichen Einsatzgebiet schließen die Streitkräfte der russischen Föderation die Bildung einer Angriffstruppe ab". Derzeit versuche das russische Militär, mit einzelnen Angriffen die Schwachstellen der ukrainischen Verteidigungslinien zu ertasten. So hätten die russischen Streitkräfte in der Nacht weitere Angriffe auf Städte im Donbass gestartet. "Die Hauptanstrengungen unternimmt der Feind im Bereich der Ortschaften Lyman, Kreminna, Popasna und Rubischne, zudem hat er versucht, die volle Kontrolle über Mariupol herzustellen", berichtete der ukrainische Generalstab.
Außerdem habe das russische Militär versucht, einen Brückenkopf nördlich der von Ukrainern gehaltenen Großstadt Sjewjerodonezk zu bilden. Kiewer Angaben zufolge konnten die Angriffe zurückgeschlagen werden. Der Generalstab berichtete zudem von russischen Luftangriffen auf Ziele in der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw und sagte weitere russische Angriffsversuche in der Südukraine voraus. Dort werde das russische Militär versuchen, die Grenzen des Gebiets Cherson zu erreichen.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP/rts
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