US-Panzer in Osteuropa – MdB Neu: „Bundesregierung ist hirnlos konform“

  01 April 2016    Gelesen: 401
US-Panzer in Osteuropa – MdB Neu: „Bundesregierung ist hirnlos konform“
Mit Soldaten, Panzern und schwerem Kriegsgerät wollen die USA ihre Präsenz im Osten Europas verstärken. Die Bundesregierung schweigt offiziell, viele Regierungspolitiker stehen dabei aber ganz offen hinter Washington. „CDU, SPD und Grüne gehen damit hirnlos konform“, kritisiert Dr. Alexander Neu, der die LINKE im Verteidigungsausschuss vertritt.
Herr Dr. Neu, die USA verlegen eine ganze Brigade ihres Militärs in den Osten Europas. Dort soll sie zwischen verschiedenen Staaten rotieren. Wie bewerten Sie dieses Vorhaben?

Laut Medienberichten soll die Verlegung ja Anfang 2017 bis 2018 stattfinden. Das heißt: Wenn Russland so provokativ ist, wie es die Amerikaner behaupten, wundert mich vielmehr, dass man sich bis Februar 2017 Zeit lässt. Angesichts einer so großen Bedrohung durch die Russen, wie es die Amerikaner suggerieren, hätte ich mir doch gedacht, dass das viel schneller geht. Das zeigt mir, dass der Hintergrund nicht eine Aggression Russlands ist, sondern dass man hier eine Gefahr suggeriert, die so nicht gegeben ist. Man versucht, die Russophobie in Europa zu steigern.

In einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in Washington hieß es, man reagiere mit dieser Truppenverlegung auf den „aggressiven Kurs Russlands". Das klingt ja fast, wie eine Argumentation aus dem kalten Krieg…

Ich sehe nicht, wo die Aggressivität Russlands gegeben ist. Man kann natürlich über die Krim streiten, da kann man unterschiedliche völkerrechtliche Bewertungen anlegen. Ich habe da eine ganz eigene Bewertung, auch vor dem Hintergrund der Zerschlagung Jugoslawiens durch den Westen und der Anerkennung der jugoslawischen Teilstaaten, sowie des Kosovo. Da kann man bei der Krim nicht anders argumentieren, als bei Jugoslawien.

Der Westen hat diesen Präzedenzfall selbst geschaffen. Auch bei der Ost-Ukraine muss man sagen: Der Putsch ging nicht von Russland aus, sondern vom Westen — als die gewählte Regierung Janukowitsch nicht das EU-Assoziierungsabkommen unterzeichnen wollte. Ich sehe also nicht, dass das Baltikum, Rumänien, Bulgarien, Polen in irgendeiner Weise territorial bedrängt oder bedroht werden. Insofern ist das eine sehr abstrakte und fiktive Bedrohung. Man hat das Gefühl, dass sich gewisse osteuropäische Staaten und deren Eliten, sowie amerikanische Eliten gegenseitig in Bedrohungsszenarien befruchten. Und somit wird ein Aggressionskurs Russlands suggeriert, der aber keine materielle Grundlage hat.

Die geplante US-Truppenverlegung soll 4200 Soldaten, 250 Panzer und weiteres Kriegsgerät umfassen. Die Aufrüstung im Osten Europas soll Anfang 2017 beginnen. Präsident Obama hat außerdem eine Aufstockung der US-Verteidigungsausgaben für Europa angekündigt. Wohin steuern die USA außenpolitisch?

Die US-Amerikaner wollen offensichtlich in Osteuropa und Mittelosteuropa die Suppe gegen Russland weiter beim Kochen halten. Irgendwie ist man der Auffassung, dass man Russland auf Distanz halten muss, weil Russland sich den westlichen Vorstellungen nicht unterordnen will. Man ist der Auffassung, dass man Russland in einem Dauerkonflikt unterhalb eines militärischen Konfliktes halten muss. Dafür braucht man hörige Vasallen in Europa — und die hat man. Man könnte mit Polen und dem Baltikum natürlich noch argumentieren, dass sie eine eigene Geschichte haben, die sie geprägt hat. Aber diese Rechtfertigung trifft auf die heutige Zeit nicht mehr zu. Und auf Bulgarien und Rumänien trifft das schon einmal gar nicht zu. Diejenigen, die neben den Russen darunter zu leiden haben werden – und Russland wird natürlich entsprechend militärisch reagieren — das wird der bulgarische, der rumänische, oder auch der polnische Steuerzahler sein.

Das Ganze ist in jedem Fall ein Schritt gegen die Abrüstung in Europa. Eine offizielle Reaktion der Bundesregierung gibt es darauf noch nicht. Aber was glauben Sie, wie wird diese Reaktion wohl ausfallen?

Die wird nicht negativ ausfallen. Die Bundesregierung ist bei der Eskalationspolitik der US-geführten NATO immer dabei. Und die Bundesregierung ist mit der Bundeswehr ein wesentliches Element der NATO-Speerspitze in Osteuropa. Hier findet eine Eskalation statt, die Europa nicht braucht, die auch Osteuropa de facto nicht braucht, die Russland nicht braucht — aber offensichtlich unser "großer Bruder" jenseits des Teiches benötigt.

Sie selbst sind Mitglied im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages. Wie beobachtet man dort die Entwicklung der US-Außenpolitik? Geht man damit völlig konform, oder gibt es hinter vorgehaltener Hand einige Bedenken?

Also bei den übrigen Parteien — von SPD über CDU und Grüne — sehe ich da keinerlei Bedenken. Selbst bei den Grünen sehe ich da keine lautstarken Bedenken. Bei der CDU und der SPD findet man das alles richtig, was die USA sagen. Das ist eine Transatlantiker-Gruppierung innerhalb der Politik in Berlin, und nur wer ein strammer Transatlantiker ist, kann auch im Verteidigungs- und im Auswärtigen Ausschuss sitzen. Da ist die LINKE die einzige Partei, die einzige Fraktion, die eine ganz andere Auffassung vertritt. Aber alle übrigen Parteien gehen da in gewisser Weise hirnlos mit konform.



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