Russischer UN-Diplomat kündigt aus Protest

  23 Mai 2022    Gelesen: 576
Russischer UN-Diplomat kündigt aus Protest

Zwanzig Jahre vertritt der russische Diplomat Bondarew sein Land. Nun wirft er hin und holt zu einem Rundumschlag aus: "Es ist unerträglich, was meine Regierung jetzt tut", sagt er. In einem Brief kritisiert er diejenigen, die "für immer an der Macht bleiben, in pompösen, geschmacklosen Palästen leben".

Der russische UN-Diplomat Boris Bondarew hat seinen Rücktritt eingereicht und protestiert in einem Brief gegen den Krieg seines Landes gegen die Ukraine. Der 41-Jährige, der bei der russischen diplomatischen Vertretung in Genf gearbeitet hatte, begründete seinen Schritt darin mit folgenden Worten: "Zwanzig Jahre meiner diplomatischen Laufbahn habe ich verschiedene Wendungen unserer Außenpolitik gesehen, aber noch nie habe ich mich meines Landes so geschämt wie am 24. Februar dieses Jahres." Damit spielt er auf den Beginn der russischen Invasion an.

"Es ist unerträglich, was meine Regierung jetzt tut", sagte Bondarew nach Bekanntwerden seines Rücktritts der Nachrichtenagentur AP. "Das muss ich als Beamter mitverantworten, und das will ich nicht." Der erfahrene diplomatische Berater, der zuvor in Kambodscha und der Mongolei tätig war, sagte, er habe noch keine Reaktion von russischen Beamten erhalten. Er fügte aber hinzu: "Bin ich besorgt über die mögliche Reaktion aus Moskau? Ich muss mir darüber Sorgen machen."

In seiner englischsprachigen Erklärung, die er per E-Mail laut eigenen Angaben an etwa 40 Diplomaten und andere geschickt habe, sagte Bondarew, dass diejenigen, die den Krieg ausgeklügelt haben, "nur eines wollen - für immer an der Macht bleiben, in pompösen, geschmacklosen Palästen leben, auf Jachten segeln, die in der Tonnage und den Kosten vergleichbar sind mit der gesamten russischen Marine, sowie die unbegrenzte Macht und völlige Straffreiheit genießen."

"Z" durchkreuze alle Hoffnung auf freie russische Gesellschaft

Der aggressive Angriffskrieg von Präsident Wladimir Putin sei nicht nur ein Verbrechen gegen die Ukraine, sondern womöglich das schwerwiegendste Verbrechen, das der russischen Bevölkerung angetan worden sei. Der Buchstabe "Z" - Symbol für die Unterstützung des Kriegs - habe alle Hoffnungen und Perspektiven auf eine florierende freie Gesellschaft in Russland durchkreuzt, heißt es in dem Schreiben von Bondarew weiter.

Darüber hinaus wetterte er gegen zunehmende Lügen und unprofessionelles Verhalten im russischen Außenministerium. Insbesondere an Außenminister Sergej Lawrow lässt er kein gutes Haar. Er sei ein "gutes Beispiel" für den Abstieg dieses Amtes. Lawrow habe sich in 18 Jahren von einem professionellen und gebildeten Intellektuellen zu einer Person entwickelt, die den Westen mit Atomwaffen bedrohe. "Es geht mittlerweile im Außenministerium nicht mehr um Diplomatie. Es geht nur noch um Kriegstreiberei, Lügen und Hass." Es diene nur den Interessen von wenigen, die zu einer weiteren Isolation und zum Niedergang von Russland beitragen würden. Russland habe keine Verbündeten mehr, und niemand anderes könne dafür zur Verantwortung gezogen werden als die rücksichtslose und schlecht geplante Politik, schreibt Bondarew.

"Boris Bondarew ist ein Held"

Bondarew sagte AP weiter, er habe keine Pläne, Genf zu verlassen. Er beendete den diplomatischen Dienst seines Landes. Hillel Neuer von der Nichtregierungsorganisation UN Watch, sagte: "Boris Bondarew ist ein Held." Er appellierte an alle anderen russischen Diplomaten, "dem moralischen Vorbild" des 41-Jährigen zu folgen und ebenfalls zurückzutreten. Die USA, Großbritannien und die EU sollten Neuer zufolge russischen Diplomaten den Ausstieg aus dem Dienst erleichtern, indem sie finanziellen Schutz, Sicherheit und Umsiedlung für die Diplomaten und ihre Familien anböten.

Quelle: ntv.de, ysc


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