Der russische Außenminister Sergej Lawrow ist zu einem Treffen der Außenminister der G20-Staatengruppe auf Bali eingetroffen. An den zweitägigen Beratungen nimmt auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock teil. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine überschattet dabei das Treffen der Gruppe führender und aufstrebender Wirtschaftsmächte.
Lawrow will dabei Gespräche mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi sowie mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu führen, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das Außenministerium in Moskau meldet. Aus dem US-Außenministerium hatte es zuvor geheißen, ein bilaterales Treffen von US-Außenminister Antony Blinken mit Lawrow sei nicht vorgesehen. Das bestätigte später auch Russlands Vize-Außenminister Sergej Rjabkow. Ein bilaterales Treffen Baerbocks mit dem Russen dürfte es ebenfalls nicht geben.
In US-Regierungskreisen hieß es, angesichts des russischen Vorgehens in der Ukraine könne nicht von einem Business as usual ausgegangen werden. Es dürften in keiner Weise irgendwelche Signale geliefert werden, die Russlands Handlungen legitimierten, sagte ein US-Vertreter. Australiens Außenministerin Penny Wong betonte, die westlichen Demokratien würden sich klar gegen Russland stellen.
Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte vor ihrer Abreise nach Indonesien erklärt, bei den Beratungen dürfe Russland sich nicht in den Mittelpunkt rücken. Der Krieg in der Ukraine habe weitreichende Folgen für die ganze Welt. Die Abstimmung und Beratung mit den internationalen Partnern sei wichtiger denn je, dafür biete das Treffen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer eine sehr gute Gelegenheit. "Wir alle haben ein Interesse daran, dass internationales Recht geachtet und respektiert wird", erklärte die Ministerin. "Das ist der gemeinsame Nenner, und es ist auch der Grund, warum wir Russland nicht einfach die Bühne des Treffens überlassen werden."
Probelauf für Putins Teilnahme im Herbst
Lawrows Anwesenheit gilt als Test für eine mögliche Teilnahme von Kremlchef Wladimir Putin am G20-Gipfel am 15. und 16. November, der ebenfalls auf Bali stattfindet. Mehrere Staaten haben ihre Teilnahme infrage gestellt, sollte Putin persönlich erscheinen. Mit Spannung wird nun erwartet, ob einige Minister aus Protest gegen Lawrows Anwesenheit die Beratungen verlassen werden und es somit zu einem Eklat kommen könnte. Der Sprecher des indonesischen Außenministeriums, Teuku Faizasyah, wollte dies nicht kommentieren, betonte aber: "Wir Diplomaten sollten auf verschiedene Szenarien vorbereitet sein."
Der weltgrößte Inselstaat Indonesien hat in diesem Jahr den G20-Vorsitz. Präsident Joko Widodo war Ende Juni nach Kiew und Moskau gereist und sowohl mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als auch mit Putin zusammengetroffen. Er hatte dabei eine Vermittlerrolle in dem Konflikt angeboten.
Eine gemeinsame Abschlusserklärung der G20 wird es aller Voraussicht nach nicht geben. Der Sprecher sagte, am Ende des Treffens am Freitag sei eine Erklärung des Außenministeriums geplant. Die Regierung in Kambodscha teilte derweil mit, Lawrow auch zu Treffen der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean Anfang August eingeladen zu haben.
Zu den G20 gehören neben Deutschland, den USA, Russland, Australien und Indonesien auch China, Indien, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Argentinien, Brasilien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei sowie die Europäische Union.
Quelle: ntv.de, mbu/dpa/rts
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