Inflationsangst wird immer größer

  11 Juli 2022    Gelesen: 671
  Inflationsangst wird immer größer

Die hohe Inflation setzt vielen Menschen zu. Die IG Metall fordert nun ein kräftiges Lohnplus. Ist das der Auftakt zu einer gefürchteten Lohn-Preis-Spirale?

In Deutschland nehmen die Inflationserwartungen weiter zu. Wie aus neuen Daten der Bundesbank hervorgeht, rechnen Privathaushalte für die nächsten zwölf Monate mit einer allgemeinen Preissteigerung von 7,5 Prozent. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2019.

Vor einem Monat lag die Zahl noch bei 7 Prozent, vor einem Jahr bei etwas mehr als 3 Prozent. Zur Einordnung: Die Europäische Zentralbank strebt für den Euroraum mittelfristig eine Teuerung von 2 Prozent an. Tatsächlich betrug die Inflation im Juni aber 8,6 Prozent - ein Rekordwert seit Einführung des Euro. In Deutschland lagen die Verbraucherpreise im Juni vorläufigen Daten zufolge um 7,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Ausschlaggebend sind vor allem hohe Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen.

Die hohe Inflation ist einer Umfrage zufolge derzeit die größte Sorge der Menschen in Deutschland. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) von gut 1000 Befragten nannten in einer Erhebung des Versicherers Allianz in einer vorgegebenen Auswahl die Teuerung als das Thema, das sie aktuell am meisten beschäftige.

Das könnte für Deutschland und die Eurozone zum Problem werden. Wenn die breite Bevölkerung damit rechnet, dass die hohe Inflation sich festsetzt, droht eine sogenannte Lohn-Preis-Spirale. Die Logik dahinter: Arbeitnehmer geben branchenübergreifend ihre Zurückhaltung auf und setzen höhere Löhne auf breiter Front durch, da sie nicht damit rechnen, dass die Inflation bald wieder im grünen Bereich sein wird. Unternehmen erhöhen als Ausgleich die Preise. Daraufhin steigt das allgemeine Preisniveau weiter, es entsteht eine Kettenreaktion.

IG Metall fordert 8 Prozent mehr Geld

Marcel Fratzscher, Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW, sieht diese Gefahr derzeit allerdings nicht. "Wir haben derzeit keine Lohn-Preis-Spirale", sagte er im Gespräch mit ntv. Er rechne für die meisten Branchen mit Lohnsteigerungen zwischen 4 und 5 Prozent. Bei der aktuell hohen Inflation bedeute das Reallohnverluste. "Die Beschäftigten tragen einen großen Teil der Last", so Fratzscher.

Die IG Metall hat heute beschlossen, mit einer Forderung nach 8 Prozent mehr Geld in die Tarifverhandlungen für die deutsche Metall- und Elektroindustrie zu ziehen. Doch "Gewerkschaften setzen ungefähr 60 Prozent ihrer Ursprungsforderung durch", sagte Florian Kern, Direktor der Denkfabrik Dezernat Zukunft, im Gespräch mit ntv. Wenn am Ende der Verhandlungen eine Einigung zwischen 4,5 und 5 Prozent stehe, "sind wir in einer verkraftbaren Größenordnung".

Die Tarife der Metall- und Elektroindustrie gelten für rund 3,9 Millionen Beschäftigte in wichtigen Kernbranchen der deutschen Industrie wie Fahrzeug- und Maschinenbau. Zuvor hatten sich bereits die regionalen Tarifkommissionen für die nun beschlossene Höhe ausgesprochen. Bei den Verhandlungen zum Haustarifvertrag beim größten deutschen Autobauer VW fordert die Gewerkschaft 8 Prozent. Aber auch hier dürfte die Einigung deutlich niedriger ausfallen.

Quelle: ntv.de, jga/dpa


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