Kiew und Moskau machen Weg für Getreideexporte frei

  22 Juli 2022    Gelesen: 714
    Kiew und Moskau machen Weg für Getreideexporte frei

Während in vielen Teilen der Welt eine Hungersnot droht, werden Millionen Tonnen Getreide in ukrainischen Häfen blockiert. Nun scheint eine Lösung gefunden. Kiew und Moskau sollen dabei unter der Aufsicht der UN direkt zusammenarbeiten. Bis es so weit ist, werden allerdings noch Wochen vergehen.

Die Ausfuhr von Millionen Tonnen Getreide aus dem Kriegsland Ukraine soll von den Konfliktparteien unter UN-Führung gemeinsam überwacht werden. Eine noch nicht unterschriebene Einigung zum Ende der russischen Getreideblockade im Schwarzen Meer sieht ein gemeinsames Kontrollzentrum in Istanbul vor, das von den Vereinten Nationen geleitet und mit Vertretern Russlands, der Ukraine und der Türkei besetzt sein soll. Das ist aus Diplomatenkreisen in New York zu erfahren.

In dieser Zentrale in der türkischen Metropole sollen auch die genauen Koordinaten für den humanitären Korridor auf dem Seeweg zwischen der Ukraine und dem Bosporus festgelegt werden. Die Parteien sollen sich zudem darauf geeinigt haben, dass Schiffe mit dem Ziel Ukraine zunächst in Istanbul durchsucht werden, um sicherzustellen, dass sie keine Waffen oder Ähnliches geladen haben. Eine weitere Kontrolle solle es dann in der Türkei geben, wenn die Schiffe aus der Ukraine kommend das Schwarze Meer wieder verlassen wollen, hieß es aus New York.

Damit solle sichergestellt werden, dass ausschließlich Getreide an Bord ist. Schiffe in dem humanitären Korridor und die beteiligten Häfen dürften dabei nicht angegriffen werden. Dieser Punkt wird von den Diplomaten so interpretiert, dass an diesen strategisch wichtigen Orten - zum Beispiel im Hafen Odessa - faktisch eine Waffenruhe gelten soll. Das Abkommen soll den Angaben zufolge zunächst für vier Monate gelten.

Rückzieher Moskaus immer noch möglich

Russland und die Ukraine gehören zu den größten Weizenexporteuren und spielen eine wichtige Rolle für die Nahrungssicherheit in der Welt. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen das Nachbarland können Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine nicht exportiert werden. Die Nahrungsmittel werden jedoch auf dem Weltmarkt - vor allem in Asien und Afrika - dringend benötigt. Die Vereinten Nationen warnten zuletzt schon vor der größten Hungersnot seit Jahrzehnten.

Die Umsetzung des Abkommens - und damit die Ausfuhr von Nahrungsmitteln aus der Ukraine - könnte den Informationen zufolge Wochen dauern. Westliche Diplomaten merkten an, dass es noch immer möglich sei, dass Moskau die Vereinbarungen bei der Umsetzung durch vorgeschobene Gründe scheitern lassen könnte. Die Einigung soll am Freitag um 15:30 Uhr (MESZ) in Istanbul unter anderen von UN-Generalsekretär António Guterres und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan unterzeichnet werden.

Wer für die Delegationen Russlands und der Ukraine anreist, ist noch unklar. UN-Sprecher Farhan Haq hatte sich am Donnerstag hoffnungsvoll gezeigt: "Wir können dieses Problem lösen und möglicherweise Hunderttausende, möglicherweise Millionen von Menschen davor bewahren, dass der Preis für Lebensmittel außerhalb ihrer Reichweite liegt", sagte er.

Großer Erfolg für die UN

Vertreter der UN, der Ukraine, Russlands und der Türkei hatten zuletzt in Istanbul bereits große Verhandlungsfortschritte erzielt. Die nun offenbar erzielte Einigung wäre der wohl größte Vermittlungserfolg der Vereinten Nationen seit Kriegsbeginn, nachdem die Weltorganisation bereits bei der Evakuierung ukrainischer Zivilisten in der Stadt Mariupol geholfen hatte. Zudem könnte es sich um den bislang bedeutendsten Kompromiss zwischen Moskau und Kiew in dem Konflikt handeln.

Immer wieder widersprachen internationale Politiker zuletzt der Behauptung Moskaus, die Getreide-Blockade sei zurückzuführen auf eine Weigerung der Ukraine, ihre Häfen zu entminen: Betont wurde, dass es durchaus sichere Korridore gebe, durch die Schiffe fahren könnten. Doch das Misstrauen auf beiden Seiten ist groß: So befürchtet die Ukraine neue russische Angriffe, falls sie ihre Häfen entmint. Ein Sprecher des Außenministeriums in Kiew betonte am Donnerstag, die ukrainische Seite werde nur solche Entscheidungen unterstützen, "die die Sicherheit der südlichen Regionen" des Landes gewährleisteten.

Quelle: ntv.de, ino/dpa


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