Selbst ein regionaler Atomkrieg könnte weltweit Hungersnöte auslösen. Dies geht aus Modellberechnungen hervor, die die Auswirkungen eines solchen Krieges durch Rußpartikel in der höheren Atmosphäre simuliert haben. Der Ruß würde einen Teil des Sonnenlichts blockieren und zu Ernteausfällen führen, berichtet ein internationales Forschungsteam um Lili Xia und Alan Robock von der Rutgers University in New Brunswick in den USA. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten ihre Erkenntnisse im Journal "Nature Food" vor.
Die Studie wurde beim Fachjournal bereits 2021 eingereicht und durch den üblichen Überprüfungsprozess erst Monate später gedruckt. "In einem Atomkrieg würden auf Städte und Industriegebiete gerichtete Bomben Feuerstürme auslösen und große Mengen Ruß in die obere Atmosphäre schleudern, der sich global ausbreiten und den Planeten schnell abkühlen würde", schreiben die Wissenschaftler.
Xia, Robock und Kollegen entwarfen mehrere Kriegsszenarien und simulierten die Auswirkungen auf die Produktion einer ausgewählten Zahl an Lebensmitteln in den folgenden zehn Jahren. Im kleinsten berechneten Szenario würden 100 Atombomben mit einer Sprengkraft von jeweils 15.000 Tonnen rund fünf Millionen Tonnen Ruß in die obere Atmosphäre schleudern. In diesem Fall würden den Simulationen zufolge 27 Millionen Menschen direkt sterben und 255 Millionen Menschen durch Hungersnöte in verschiedenen Regionen der Erde.
Hälfte der Menschheit vor Hungertod
Die Forscher berechneten auch die Auswirkungen eines atomaren Weltkriegs mit 4400 Atombomben zu 100.000 Tonnen Sprengkraft. Dadurch würden die verfügbaren Kalorien drastisch reduziert, in einigen Ländern um jeweils etwa 99 Prozent. Weltweit würden mehr als fünf Milliarden Menschen sterben, also mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Dabei sind die Folgen der radioaktiven Verseuchung noch gar nicht einkalkuliert. "Diese Daten zeigen uns eines: Wir müssen verhindern, dass ein Atomkrieg jemals geschieht", sagte Robock. Das Verbot von Atomwaffen sei die einzige langfristige Lösung.
In einem Kommentar in "Nature Food", schreibt Deepak Ray von der University of Minnesota in Saint Paul (USA): "Diese Arbeit ist ein Fortschritt im Vergleich zu früheren Studien." Sie liefere neue Bewertungen der Ernährungssicherheit nach einem Atomkrieg auf nationaler und auf globaler Ebene unter einer Reihe von Kriegsszenarien. Die Anzahl der einbezogenen Feldfrüchte sei allerdings stark begrenzt gewesen und es gebe einige unklare Einzelaspekte, die analysiert werden sollten. Alles in allem aber diene die wissenschaftliche Erkenntnis aus dieser Studie als deutliche Warnung.
Quelle: ntv.de, sba/dpa
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