Mittlerweile 200 Tage nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine veröffentlicht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen eindringlichen Appell auf Facebook und Telegram, der lyrische Elemente enthält. "Glaubt ihr immer noch, wir sind ein Volk?", fragt er darin, offenbar an Russland und seine Führung gerichtet. "Glaubt ihr immer noch, ihr könnt uns einschüchtern? Habt ihr wirklich nichts verstanden?"
Selenskyj fordert in dem Text dazu auf, es "von den Lippen" abzulesen: "Ohne Benzin oder ohne dich? Ohne dich. Ohne dich oder ohne Licht? Ohne dich. Ohne Wasser oder ohne dich? Ohne dich. Ohne Essen oder ohne dich? Ohne dich." Kälte, Dunkelheit und Hunger seien für die Ukrainer "nicht so beängstigend und tödlich wie deine 'Freundschaft und Bruderschaft'", schreibt der Präsident.
Am Ende des Beitrags äußerte sich Selenskyj nach den jüngsten militärischen Erfolgen jedoch zuversichtlich: Die Geschichte werde alles in Ordnung bringen. "Und das werden wir, mit Gas, Licht, Wasser und Essen ... und ohne dich!" Zu dem Beitrag veröffentlichte er ein Video, das einen Löscheinsatz bei einem Brand in der Nähe von Strom-Infrastruktur zeigt. Ein Verweis auf die jüngsten mutmaßlich russischen Angriffe auf Energie-Infrastruktur im Osten der Ukraine.
"Wir sind unzerstörbar"
Zuvor hatte Selenskyj auf Twitter von einem kompletten Stromausfall in den Regionen Charkiw und Donezk sowie "Teilausfälle" in den Regionen Saporischschja, Dnipropetrowsk und Sumy berichtet. Er bezeichnete die Russen als "Terroristen", die es nicht auf militärische Ziele abgesehen hätten, sondern die Menschen in der Ukraine ohne Strom und Heizung zurücklassen wollten. Der Gouverneur der Region Charkiw hatte erklärt, russische Angriffe auf "wichtige Infrastruktur" hätten die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen. Der Gouverneur der Region Sumy berichtete, mindestens 135 Städte und Dörfer seien von Stromausfällen betroffen.
In seiner allabendlichen Videoansprache hatte Selenskyj zuvor Meldungen bestätigt, dass die strategisch wichtige Stadt Isjum im Osten des Landes von den russischen Truppen zurückerobert worden sei. Die Armee habe "Hunderte unserer Städte und Dörfer befreit", zuletzt die Städte Isjum, Balaklija und Kupjansk. Das Schwerste stehe jedoch noch bevor, so Selenskyj. Er widmete seine Ansprache jenen, die derzeit "die schwerste Zeit" haben. Damit meinte er alle, die seit 200 Tagen dem Angriff Russlands standhielten. "Wir sind unzerstörbar. Und deshalb sind wir frei."
Quelle: ntv.de, kst/dpa
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