Seit Monaten putzt die Bundesregierung Klinken in Katar, um Gaslieferungen für Deutschland zu sichern. Warum schließt nun ausgerechnet ein US-Unternehmen den ersten Liefervertrag ab? Wie viel sind eigentlich zwei Millionen Tonnen Flüssiggas? Und kommen die Lieferungen ab 2026 nicht viel zu spät? ntv.de beantwortet die wichtigsten Fragen zum Liefervertrag zwischen Katar und ConocoPhillips für Deutschland.
Der US-Konzern ConocoPhilips kauft ab 2026 Katar bis zu zwei Millionen Tonnen Flüssiggas (LNG) pro Jahr ab, das er nach Deutschland liefern will. Wieso soll das Gas erst ab 2026 kommen?
Das Gas, um das es in dem Kaufvertrag zwischen dem staatlichen katarischen Unternehmen QatarEnergy und dem US-Konzern ConocoPhilips geht, soll aus den Gasfeldern "North Field East" und "North Field South" stammen, die erst noch erschlossen werden müssen. An diesen beiden Feldern hält ConocoPhilips einen Anteil. Das Gas, das QatarEnergy in den nächsten Jahren aus seinen bereits erschlossenen Feldern fördern wird, ist größtenteils im Rahmen von langfristigen Verträgen für andere Abnehmerländer reserviert.
Ist 2026 die akute Energiekrise in Deutschland nicht längst vorbei?
An den Börsenpreisen für künftige Gaslieferungen lässt sich ablesen, dass die Marktteilnehmer mit einer deutlichen Entspannung bei der Gasversorgung in Europa bis 2026 rechnen. Futures-Kontrakte für 2026 werden aktuell mit gut 40 Euro pro Megawattstunde gehandelt, im Vergleich zu gut 130 Euro für die kommenden Monate. Da in der deutschen Politik ein weitgehender Konsens herrscht, langfristig auf Importe aus Russland zu verzichten, wird dann aber immer noch zusätzliches LNG etwa aus den neuen Gasfeldern in Katar benötigt.
Kann Katar nicht früher Gas nach Deutschland liefern?
Katar als Land kann oder will wegen seiner bestehenden Verträge mit anderen Abnehmern auf die Schnelle wohl keine signifikanten Mengen LNG nach Deutschland liefern. Der staatliche Energiekonzern QatarEnergy hat allerdings in Aussicht gestellt, schon vor 2026 Gas nach Europa liefern zu können, nicht aus den katarischen Feldern im Persischen Golf, sondern aus Texas. Dort errichtet QatarEnergy derzeit gemeinsam mit dem US-Konzern ExxonMobil eines der größten LNG-Exportterminals der Welt.
Zwei Millionen Tonnen LNG pro Jahr. Wie viel ist das überhaupt?
Zwei Millionen Tonnen LNG entsprechen rund 2,8 Milliarden Kubikmeter Gas. Zum Vergleich: Russland hat Deutschland zuletzt mehr als 50 Milliarden Kubikmeter geliefert. Deutschlands Verbrauch lag in den vergangenen Jahren bei knapp 100 Milliarden Kubikmeter. Dieser Verbrauch soll in diesem und den kommenden Jahren aber natürlich sinken. ConocoPhillips leistet also einen signifikanten Beitrag, aber allein sichert dieser Vertrag die deutsche Gasversorgung nicht. Allerdings verhandeln mehrere - auch deutsche – Gasimporteure mit Katar und anderen Lieferländern über ähnliche Verträge.
Der Liefervertrag soll ab 2026 über 15 Jahre – also bis 2041 – laufen. Brauchen wir dann angesichts der angestrebten Energiewende weg von fossilen, hin zu erneuerbaren Energieträgern überhaupt so lange Gas?
Bis 2045, wenn Deutschland nach dem aktuellen Ziel der Bundesregierung klimaneutral sein soll, dürfte auch der Gasverbrauch auf nahezu null sinken. Erdgas soll während der Übergangsphase allerdings weiter eine entscheidende Rolle spielen. Bedarf für die jetzt vereinbarten Liefermengen dürfte bis 2041 bestehen. Die Laufzeit des Vertrags ist allerdings bezeichnend für das zentrale deutsche Dilemma, wenn es darum geht die Gasversorgung für die kommenden Jahre zu sichern. Wegen des geplanten schrittweisen Ausstiegs aus allen fossilen Energieträgern will Deutschland schon in wenigen Jahren auch den Gasverbrauch reduzieren. Potenzielle Gaslieferanten wie Katar bestehen auf langfristigen Verträgen für große Mengen, sonst lohnen sich die notwendigen Investitionen für das Erschließen neuer Felder und den Aufbau neuer Exportterminals nicht. Klimaschützer befürchten, dass die deutschen Klimaschutzziele untergraben werden könnten, wenn mehrere Unternehmen ähnliche Importverträge wie jetzt ConocoPhillips abschließen und mehr Gas für die nächsten Jahrzehnte bereitstellen, als im geplanten Ausstiegszenario benötigt wird.
Die deutsche Bundesregierung hat auf höchster Ebene mit Katar verhandelt. Wieso liefert jetzt ausgerechnet ein US-Konzern das Gas nach Deutschland?
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung war von Anfang an vorgesehen, dass Privatunternehmen die einzelnen Lieferverträge abschließen. Dass ConocoPhilips sich für diese Möglichkeit interessiert, war bereits bekannt. Der international tätige US-Konzern hat bereits vor Monaten Kapazitäten dafür beim Betreiber des noch im Bau befindlichen LNG-Terminals in Brunsbüttel an der Elbmündung gebucht.
Quelle: ntv.de
Tags: