Atomkraft in der Türkei: Jetzt will auch Toshiba einsteigen

  09 Oktober 2015    Gelesen: 1059
Atomkraft in der Türkei: Jetzt will auch Toshiba einsteigen
In Anbetracht der Verärgerung des türkischen Präsidenten über das Verhalten Russlands in Syrien, sieht nun offenbar Japan seine Chance gekommen, tiefer in das türkische AKW-Programm einzusteigen. Einen Tag nach der scharfen Warnung Erdoğans, das erste AKW auch ohne Rosatom auf die Beine stellen zu können, signalisiert jetzt Toshiba, für ein Engagement bereit zu stehen.
Entsprechende Avancen Japans an die Türkei kamen am Donnerstag von Toyoaki Fujita, Business Development Executive des japanischen Elektronikriesen Toshiba. Dieser erklärte, dass man bei Bedarf bereit sei, in ein Kernkraftwerk-Projekt in der Türkei einzusteigen. Im Gespräch mit Journalisten in Ankara sagte Fujita, dass es einen intensiven Wettbewerb auf den europäischen Energiemärkten gebe. Die Türkei habe darin einen wichtigen Platz.

Derzeit ist bereits Mitsubishi in der Türkei engagiert. Das japanische Unternehmen übernimmt derzeit die Bauarbeiten des AKW in Sinop, im Norden der Türkei. Toshiba möchte sich nun ebenfalls in Nuklearprojekte einbringen. „Wir möchten, falls uns die Türkei bittet, an einem neuen Kernenergieprojekt in der Türkei teilnehmen. Wir unterstützen die Kernenergie in der Türkei. Das Land braucht die Kernenergie“, zitiert die türkische Zeitung Sabah Fujita.

Toshiba ist in Europa vor allem für seine elektronischen Produkte und Computer bekannt, obwohl man sich auch Energieprojekten einbringe, so Fujita weiter. Er wies außerdem darauf hin, dass die Türkei zahlreiche Investitionspotenziale etwa in der Geothermie, Wasserkraft und bei thermischen Kraftwerksprojekte habe.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte am Mittwoch, dass die Türkei ein drittes Kernkraftwerk bis 2023 abschließen möchte, um die Energieabhängigkeit zu anderen Staaten zu verringern,. Bislang gibt es zwei Kernkraftwerksprojekte: Einmal im südtürkischen Akkuyu, das andere in der nördlichen Provinz Sinop.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte seinen Tonfall gegenüber Russland in dieser Woche deutlich verschärft. Auf seinem Weg nach Japan warnte er nicht nur vor einer Aufkündigung der Gaslieferverträge. Er stellte auch klar, dass die Türkei beim Bau des ersten Atomkraftwerks in Akkuyu nicht auf Rosatom angewiesen sei. Er erklärte: Auch dafür werde sich ein anderer Partner finden, so Erdoğan (mehr hier).

Die von Kritikern immer wieder dargelegten Schattenseiten dieser Vorhaben werden offenbar bewusst in Kauf genommen (mehr hier). Denn: Immer wieder werden internationale Mahnungen in Richtung Türkei laut. Kumi Naidoo, internationaler Direktor der Umweltorganisation Greenpeace, empfahl bei seiner Türkei-Visite Anfang 2012 hiesigen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, dass ihr strategisch günstig gelegenes Heimatland ein Exempel statuieren und statt in Atomenergie, Öl und Kohle, lieber in Solar- und Windkraft investieren sollte. Ähnlich ergeht es Grünen-Chef Cem Özdemir. Er versteht nicht, warum die Türkei ihre Potentiale nicht ergreife. Die Nutzung von Solarenergie liege in dem Land auf der Hand. Auch in der türkischen Bevölkerung ist die Stimmung zu diesem Thema nicht erst seit gestern alles andere als regierungskonform (mehr hier).

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