Die Zahl der Todesopfer des Erdbebens in der türkisch-syrischen Grenzregion übersteigt mittlerweile 4900. Wie das syrische Gesundheitsministerium sowie die Rettungsorganisation Weißhelme mitteilten, wurden in dem Land bisher mindestens 1602 Tote gezählt. Mehr als 3500 Menschen wurden in dem Bürgerkriegsland demnach zudem verletzt. Laut der Weißhelme sind bislang mehr als 210 Gebäude vollständig eingestürzt und 441 teilweise zerstört worden.
In der Türkei gibt es nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde Afad bislang mindestens 3419 Todesopfer und mehr als 20.000 Verletzte. 5.775 Gebäude seien zerstört und 285 Nachbeben registriert worden, sagt ein Sprecher der Behörde.
Orhan Tatar, Chef der Abteilung für Erdbeben und Risikoverminderung, rief die Menschen dazu auf, sich von beschädigten Gebäuden fernzuhalten. Die Wetterbedingungen seien sehr schlecht, sagte Tatar. Die Meteorologische Generaldirektion meldete für die betroffenen Regionen teils starken Schneefall, Platzregen und starke Winde. Die Temperaturen liegen teils um den Gefrierpunkt. Für Kahramanmaras etwa, dem Epizentrum des Bebens, meldete die Behörde Schnee und Wind. In der südosttürkischen Metropole Diyarbakir regnete es, im Tagesverlauf wird Schneefall vorausgesagt.
Flucht aufs Land
Die Situation ist dramatisch. Im südtürkischen Hatay sei der Strom ausgefallen, berichtete eine Augenzeugin. Hilfe werde dringend benötigt. Die Tankstellen hätten kein Benzin mehr und es gebe kein Brot zu kaufen. Auch in der Nachbarprovinz Osmaniye sei der Strom ausgefallen, sagte eine Reporterin des Senders CNN Türk.
In der südosttürkischen Metropole Diyarbakir verbrachten viele Menschen die Nacht draußen, in Schulen oder Moscheen. "Die Menschen haben Angst, in ihre Häuser zurückzukehren", sagte er. Mehrere Nachbeben seien zu spüren gewesen und es sei bitterkalt. Die Zelte der Katastrophenschutzbehörde Afad seien nicht beheizt und reichten nicht aus. Viele Einwohner Diyarbakirs versuchten, in die Dörfer zu gelangen. Die Häuser dort sind in der Regel einstöckig und gelten daher als sicherer. "Es herrscht Anspannung, die Menschen wissen wirklich nicht, was sie machen sollen", sagte er.
In Syrien trafen die verheerenden Erdbeben nach UN-Angaben vor allem Menschen, die ohnehin schon schutzlos unter desaströsen Bedingungen leben. Viele Binnenflüchtlinge, die vor der Katastrophe in baufälligen Unterkünften wohnten, mussten die Nacht bei Schnee und eisigen Temperaturen im Freien verbringen, wie eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sagte. "Bei den vielen Nachbeben und Erschütterungen hatten die Menschen Angst, in ihren Häusern zu bleiben."
Noch Hunderte Familien verschüttet
Einige der betroffenen Gebiete seien zudem abgelegen und nur schwer erreichbar. Es gebe unter anderem nicht genügend Notunterkünfte, Decken und warme Kleidung für die Erdbebenopfer. In dem Bürgerkriegsland leben rund 6,8 Millionen Binnenvertriebene.
Nach Angaben des von der Opposition betriebenen syrischen Zivilschutzes "Weißhelme" sind noch Hunderte Familien unter den Trümmern zerstörter Gebäude verschüttet. Die Zeit, sie zu retten, werde knapp, sagt der Leiter der "Weißhelme" im von Rebellen kontrollierten Nordwesten Syriens, Raed al-Saleh. Für die Rettungseinsätze werde dringend internationale Hilfe benötigt.
Ein erstes Beben hatte den Südosten der Türkei und Regionen in Syrien am frühen Montagmorgen erschüttert. Mittags folgte ein weiteres Beben der Stärke 7,5 in der Region. Der türkische Katastrophenschutz Afad verzeichnete bis Dienstagmorgen Hunderte Nachbeben.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/rts
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