"Der Mensch lebt nicht vom Brot allein", wusste offenbar schon der Prophet Moses, wie man im Alten Testament der Bibel nachlesen kann. Diese Weisheit gilt auch heute noch und sogar für den automobilen Sektor. Viele Autofahrer sind aus finanziellen Gründen allenfalls in der Lage, einen Neuwagen aus der unteren Brot- und Butter-Klasse zu stemmen. Jetzt lautet die aus diesem Gedanken abzuleitende Frage: Können Autos dieser Kategorie überhaupt Spaß machen?
Spoileralarm: Richtig emotional wird es hier nicht, aber Freude kann durchaus aufkommen. Denn mit dem gewählten Budget von plus minus 20.000 Euro bekommt man im Falle von Kia Rio und Škoda Fabia schon gehobene Varianten. Schließlich gibt es die Modelle bereits ab 14.540 (Fabia) beziehungsweise 15.590 Euro (Rio), dann aber mit Abstrichen beim Antrieb. Autos sind teuer geworden, unter 15.000 Euro geht nicht mehr viel, wenn man qualitativ und technisch auf einem soliden Niveau unterwegs sein möchte. Knapp unter 20.000 Euro hingegen bedeutet schon mehr als Minimal-Automobilität. Das Futter für die Seele, das sich in der Logik Moses ja vom Brot unterscheidet, lässt sich natürlich auch auf die Autos übertragen und diesen Versuch gilt es hier zu wagen.
Wirkt weder klein noch ärmlich
Seelenfutter bekommt der geneigte Käufer durchaus, wenn er exakt 20.440 Euro für den Škoda Fabia ausgibt. Denn für diesen Tarif erhält er sogar schon den modernen Direkteinspritzer mit 110 PS und muss sich nicht etwa mit der zähen Basis (66 PS) abmühen. Probieren geht über Studieren, also reingeworfen in den Fabia. Wirklich klein wirkt der Tscheche nicht und auch die Innenarchitektur mutet keineswegs ärmlich an.
Startknopf antippen (die Basis müsste an dieser Stelle übrigens einen Schlüssel bemühen), und schon erwacht der kernige Einliter-Dreizylinder zum Leben. Aber immerhin merkt man schnell, dass er solide gedämmt ist, um es innen nicht unangenehm laut werden zu lassen. Noch feiner wird es, wenn man mit dem viertürigen Schrägheck erst einmal unterwegs ist. Dann merkt man nämlich, dass der kleinvolumige Turbo kraftvoll anzupacken in der Lage ist. Mit dem 1500 Euro teuren Automatikgetriebe (im Testwagen verbaut) wird der Kollege Cityflitzer noch eine Spur komfortabler - aber eben auch teurer. Wobei der siebenstufige Doppelkuppler schon einen Moment braucht, um sich zu sortieren.
Die effizienten Turbos beider Kandidaten muten souverän an
Kurzer Szenenwechsel. Also rasch in den älteren Kia Rio gehüpft zum exakten Grundtarif von 19.450 Euro in der hier besprochenen Version. Dessen Motor folgt inzwischen dem gleichen technischen Muster: Es gibt ebenfalls einen Liter Downsizing-Hubraum, der sich auf drei Töpfe aufteilt. Der Turbolader macht dem Minitriebwerk Druck, sodass es 100 Pferde galoppieren lässt statt der 84 aus dem deutlich trägeren Sauger der nackten Basis. Aber geschaltet wird hier beim Testwagen manuell statt automatisch, was inzwischen fast erfrischend wirkt in einer Welt (zumindest in der westlichen) der steigenden Automatik-Anteile.
Beim Thema Innenraum ist der Rio noch etwas mehr alte Schule als der Fabia, aber dank Facelifts kommt der Display-Part ebenfalls nicht zu kurz. Ein zentraler Monitor in berührungsempfindlicher Ausführung sorgt dafür, dass Befehle schnell umgesetzt werden.
Nur das Kombiinstrument weist hier noch mechanische Anzeigen auf, ein Relikt indes, über das sich der eine oder andere Kunde auch freuen mag im Zeitalter des verbreiteten TFT-Displays. Zeigerwerk kann schließlich auch entzücken. Doch zurück zum Triebstrang. Dass der in der Tonart ebenso typisch wie das Fabia-Aggregat sirrende Einliter-Zwilling ganz ordentlich an den vorderen Pneus des Koreaners zerrt, ist schon klar. Diese 100-PS-Kandidaten (das gilt übrigens auch für den Škoda) sind nicht gerade untermotorisiert, aber jetzt auch keine wilden Racer (beide um die zehn Sekunden bis 100 km/h und 188 beziehungsweise der Skoda 205 km/h schnell). Es reicht aber, um selbst ausgeprägte Steigungen hurtig zu erklimmen.
Wichtiger für den praktischen Umgang vor allem mit dem Rio ist aber die Leichtgängigkeit, mit dem sein Schalthebel durch die Gassen flutscht. Gilt auch für das Kupplungspedal. Dass der Kunde wählen darf, ist sinnvoll, denn es gibt immer noch viele Autofahrer, die die Übersetzungen gerne selbst wechseln. Können sie beim Fabia selbstverständlich auch.
Beide Kleinwagen geizen keineswegs mit Ausstattung
Am Antrieb der 20.000-Euro-Kandidaten gibt es also nichts auszusetzen - doch wie ist es eigentlich um Komfort, Sicherheit und Technik bestellt? Mit einem gerüttelt Maß an Airbags, autonomem Notbremssystem, Bluetooth-Freisprechanlage, elektrischen Fensterhebern, Klimatisierungsautomatik, Parkpiepsern, Sitzheizung, aktivem Spurhalteassistent und Tempomat legt der Koreaner gut vor. Beim Tschechen hingegen muss man für die Parksensoren Geld (ab 330 Euro) in die Hand nehmen, dafür sind LED-Scheinwerfer wiederum serienmäßig.
Punkt außerdem für den Fabia: Die Smartphone-Integration ist hier serienmäßig und würde das integrierte Navigationssystem obsolet macht. Dafür sind bei Kia die Aluräder frei Haus, während Škoda hier mindestens 550 Euro aufruft.
Wirklich erstaunlich ist, welches Level an aktiver Sicherheit für 20.000 Euro bereits geboten wird. So verhindert vor allem der autonome Bremsassistent wirkungsvoll Auffahrunfälle. Dagegen ist der Spurhalteassistent eher umstritten, weil er dazu tendiert, schon bei der geringsten Abweichung von der Fahrbahnmitte übergriffig gegenzulenken. Das kann sogar Instabilität in das Fahrzeug bringen, wenn man das Lenkrad nicht kräftig umfasst.
Zum relativ moderaten Kurs gibt es beim Fabia den (ziemlich sinnvollen) aktiven Tempomat: 280 Euro. Macht dann insgesamt 22.220 Euro Liste - dafür wird das Auto dann aber auch richtig komfortabel. Einfach rollen lassen, das Vehikel im dichten Stop-and-Go-Verkehr - es bremst ja automatisch herunter, wenn der Vordermann es ebenfalls tut. Dennoch muss man sich beim sogenannten assistierten Fahren immer bremsbereit halten und in das Fahrgeschehen einzugreifen in der Lage sein.
Beim Kia Rio muss man 200 Euro mehr in die Hand nehmen, um in den Genuss dieses Features zu kommen. Erstens muss es die Automatik-Version sein in der Ausstattungslinie "Spirit" (22.450 Euro) - dann ist das Technologiepaket P5 erforderlich. Kostet noch einmal 1350 Euro, macht am Ende also 22.450 Euro. Dafür sind dann Querverkehrwarner sowie das schlüssellose Schließsystem an Bord, welches beim Fabia wiederum 390 Euro extra kostet.
Beide gehen als Familienauto durch
Beim Thema Infotainment sind die beiden Kleinwagen auch recht fit, wobei es das komplett aus Anzeigefläche bestehende Display (beim Fabia gegen 420 Euro Aufpreis zu haben) für den Kia nicht gibt. Hier muss man sich mit einem kleineren Infofeld zwischen den Tachoskalen begnügen - auch in Ordnung. Ein Head-up-Display (wie im kürzlich veröffentlichten Praxistest des Mazda 2 Hybrid besprochen) ist für beide hier thematisierten Kandidaten nicht lieferbar.
Dafür sind Kia Rio und Škoda Fabia ganz schön erwachsene Autos mit 4,07 respektive 4,11 Metern Länge - das war vor noch nicht allzu langer Zeit Kompaktklasse-Format. Insofern bieten beide Fronttriebler ordentliche Platzverhältnisse, und das sogar in der zweiten Reihe. Somit ist die Frage beantwortet, ob die beiden als vollwertige Familienautos taugen: ausdrücklich ja.
Mehr als 1100 Liter Kofferraumvolumen verleihen beiden etwa 1,2 Tonnen schweren Kleinwagen praktische Fertigkeiten. Wobei der Škoda nutzwertige Elemente auf besonders schrullige Weise zur Schau trägt. Das merkt man spätestens beim Entdecken des Eiskratzers im Tankdeckel. Darüber hinaus frappiert der Tscheche mit eigenwilligen Gimmicks wie einem Regenschirmfach in der Tür oder dem Tickethalter in der Windschutzscheibe. Ein variabler Kofferraumboden mit Cargo-Elementen und Staufächern rundet das praktische Kapitel beim Škoda ab.
Zum guten Schluss sei noch erwähnt, dass die beiden Benziner mit einem gemittelten WLTP-Verbrauch von 4,8 bis 6,3 Litern (je nach Reifengröße) eher zu den sparsamen im Lande gehören. Abschließend lässt sich feststellen: Natürlich gibt es für 20.000 Euro grundsätzlich Brot- und Butter-Mobilität, wenn man das mal so sagen möchte - jedenfalls gilt das für den Antrieb. Aber es gibt doch auch manches Luxusfeature, in dessen Genuss der Kunde dann kommt.
Und noch etwas Wichtiges: Beide Kandidaten sind qualitativ wirklich über jeden Zweifel erhaben und können es diesbezüglich sogar locker mit den Produkten der einschlägigen Premiummarken aufnehmen. Wenn das nicht mal der wahre Luxus ist.
Quelle: ntv.de
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