Das Grab des Tutanchamun: Spannende Suche im Tal der Könige
Der renommierte britische Ägyptologe Nicholas Reeves vermutet, die im November 1922 von seinem Landsmann Howard Carter entdeckte Anlage sei lediglich ein Grab im Grab, also nur ein Teil der Wahrheit. Und der Gedanke lässt Reeves nicht mehr los, dass hier noch weit größere Geheimnisse auf ihre Entdeckung warten. Möglicherweise sogar das Grab der legendären Nofretete – als Mutter oder Stiefmutter des Tutanchamun.
Seit Monaten findet wieder eine intensivere Untersuchung der Felsenkammern dort statt. Alles begann mit einer Reihe von Laserscans, um die kleinsten Details des Grabes zu kartographieren. Dabei kam plötzlich eine Reihe feiner gerader Linien zum Vorschein. Sie könnten auf verputzte Zugänge hindeuten, unmittelbar hinter den mit antiken Malereien kostbar verzierten Nord- und Westwänden.
Im vergangenen November führte der japanische Radarexperte Hirokatsu Watanabe eine ganze Reihe offiziell genehmigter Radarscans im Alleingang durch und gab danach eine erstaunliche Erklärung ab: Hinter den Wänden habe er Hinweise auf »organische« und »metallische« Objekte gefunden! Daraufhin erklärte der damalige Antikenminister Mamdouh Eldamaty, die vermuteten Kammern existieren mit 90-prozentiger Sicherheit. Andererseits mangelte es auch nicht an Kritik. Im Fokus stand natürlich die Arbeit von Watanabe.
So donnerte der immer noch extrem einflussreiche ägyptische Archäologie Zahi Hawass erst kürzlich: »Radar ist nicht wissenschaftlich. Radar ist Kunst.« Ganz besonders die Theorie von Nicholas Reeves ist Hawass ein Dorn im Auge. Wer Hawass kennt, wundert sich darüber kaum. Schließlich stammt die Theorie nicht von ihm. Hawass verlangt eine weitaus gründlichere Untersuchung der Angelegenheit. Nun, das kann natürlich nie schaden.
Tatsächlich waren die neuen Radarscans darauf ausgelegt, einen vollständigeren Datensatz zu gewinnen, um ihn dann der akademischen Welt vorzulegen. Dazu rückten nun Eric Berkenpas und Alan Turchik an, zwei Techniker von National Geographic, um über eine ganze Nacht hinweg mehr als 40 einzelne Scans durchzuführen.
Sie arbeiteten auf zwei Frequenzen bei 400 beziehungsweise 900 Megahertz. Berkenpas erläutert dazu: »Die eine galt der Wahrnehmung in die Tiefe, die andere für das Erkennen von Formen.« Ihre Ausrüstung hatten die beiden Techniker zuvor noch an den Säulen des National Arboretums in Washington, D. C. getestet.
Was hat das Duo nun aber im Grab des Tutanchamun gefunden? Khaled El-Enany, der eben erst ernannte neue Antikenminister, gab hierzu unlängst eine kaum sehr informative Erklärung ab.
Am Freitagmorgen teilte er auf einer direkt vor der Grabstätte abgehaltenen Pressekonferenz mit: »Wir können jetzt nicht über die Ergebnisse sprechen.«
Die Analyse wird El-Enany zufolge mindestens eine Woche in Anspruch nehmen, da sämtliche Daten sowohl an Experten in Ägypten als auch in den Vereinigten Staaten gesandt worden seien.
Der neue Antikenminister ruft zu einer internationalen Diskussion auf und bittet Fachleute weltweit um Teilnahme an einer großen Konferenz zu Tutanchamun, die nächsten Monat in Kairo abgehalten werden soll. Dann möchte El-Enany gerne das gesamte Meinungsspektrum über die Grabstätte erfahren.
Schon jetzt betont er: »Wir suchen nicht nach verborgenen Kammern. Wir suchen nach der Realität und nach der Wahrheit.« Und doch dreht sich die ganze Untersuchung letztlich um nichts anderes als verborgene Zugänge in den Wänden.
Was also steckt ganz buchstäblich dahinter?
Diese Wahrheit möchte natürlich auch die Öffentlichkeit möglichst bald und möglichst vollständig erfahren.