"Produktplanungsrunden, Marktforschung, Strategiekonferenzen, Kundenklinik und jede Menge Meetings im Vorstand - normalerweise ist ein neues Auto eine schwere Geburt. Doch immer mal wieder finden sich ein paar Enthusiasten, die so fest an ihre Ideale glauben, dass sie nicht lange fragen, sondern einfach machen. Heimlich, nach Feierabend und hinter verschlossenen Türen sind so schon derart starke Konzepte entstanden, dass sie am Ende den Vorstand überzeugt und es sogar auf die Straße geschafft haben.
So war es beim Golf GTI, beim letzten Ford GT und vor etwas mehr als 25 Jahren auch beim Coupé des BMW Z3. Denn während der 1995 präsentierte und von James Bond groß herausgebrachte Roadster nach dem Erfolg von Autos wie Mazda MX-5, Mercedes SLK und Porsche Boxster irgendwie selbsterklärend war, hatte einen geschlossenen Sportwagen bei BMW keiner auf den Zettel. Erst recht nicht so einen.
"Dieses Fahrzeug wird nicht Everybody's Darling"
Denn eine kleine Truppe um den jungen Technikchef Wolfgang Reitzle sah im Z3 auf Anhieb die perfekte Basis für einen Shooting Brake. Sie schloss sich im Keller des Forschungs- und Entwicklungszentrums FIZ in München ein und traute sich erst zur IAA im Herbst 1997 wieder heraus, erzählt BMW-Classic-Sprecher Marc Thiesbürger.
Dass die eigenwillige Kombination aus langem flachen Bug und kurzem steilen Heck nicht jeden begeistern konnte, hatten die Macher durchaus einkalkuliert: "Dieses Fahrzeug wird nicht Everybody's Darling, aber es ist ein BMW durch und durch: sportlich, kraftvoll, dynamisch," sagte Reitzle bei der Premiere.
Spitznamen wie Clown- oder Turnschuh
Das Design polarisierte zwar und brachte dem Zweitürer Spitznamen wie Clown- oder Turnschuh ein. Doch als charakterstarker Sonderling fand das vor genau 25 Jahren im Frühjahr 1998 eingeführte Coupé seine Fans. Schließlich hatten die Entwickler damit die Saison für den Sportwagen auch in den Herbst und Winter verlängert.
Während in den offenen Z3 nicht viel mehr als das Wochenendgepäck passte, reichte das Coupé selbst ohne umklappbare Rückbank auch für die Sommerferien. Und nur, weil der Fahrtwind fehlte, mangelte es dem Zweisitzer nicht an Dynamik. Im Gegenteil. Schließlich gaben sich die Ingenieure erst gar nicht mit den Vierzylindern ab und stiegen gleich mit dem Z3 2.8 ein. Und wenn sechs Zylinder, 142 kW/193 PS und 300 Nm auf nicht einmal 1500 Kilo treffen, dann ist Fahrspaß garantiert. Erst recht mit einer knackigen Handschaltung, mit Heckantrieb und ohne elektronische Spielverderber wie ESP. Und das war ja nur der Einstieg.
"Wer dieses Auto fährt, macht böse Sachen"
Denn es gab das Coupé vom Start weg auch als M-Modell mit einem Design, das noch mehr vor Kraft strotzte und einem Motor, der dieses Versprechen auch einlöste. Schließlich wuchs der Hubraum dann auf 3,2 Liter und im Datenblatt standen 236 kW/321 PS und 350 Nm.
"Wer dieses Auto fährt, macht böse Sachen", schrieb damals das US-Magazin "Car & Driver". Auf dem Freeway überhole man schneller als nötig und ehe man es sich versehe, mache man Burnouts vor dem Burger King und brenne man Donuts auf den Kirchenparkplatz. Ganz so schlimm ist es zwar heute nicht mehr. Doch wer mit dem im heute nur noch für die X-Modelle reservierten US-Werk Spartanburg gebauten M Coupé durch seine alte Heimat in den Südstaaten fährt, kann sich diesem Reiz nur schwer entziehen.
Das Design ist nicht mehr kurios, sondern längst klassisch. Das legendäre Laguna Seca Blau schlägt den Bogen vom Azur-Blau des Atlantiks zum Stahlblau des Himmels. Und wenn sich der Stop-and-go-Verkehr auf dem Ocean Drive erst einmal gelichtet hat, geht es nur noch ums Genießen. Noch immer jagt einem der Motor eine Gänsehaut übers Trommelfell, jeder Gangwechsel fühlt sich an wie ein Schulterklopfen. Jeder Gasstoß pumpt mehr Adrenalin durch die Adern.
Wer noch eine der seltenen Kurven erwischt, die sie hier in die Küstenstraßen gebaut haben, für den ist das Glück perfekt - selbst wenn die maximalen 250 km/h im Mutterland des Tempolimits tabu sind. Immerhin lässt sich der Sprintwert von 5,4 Sekunden bisweilen nacherleben, so viele Ampeln und Stoppschilder, wie sie hier aufgestellt haben.
Vom vergleichsweise günstigen Sonderling zum Klassiker
Das Z3 Coupé war zu seiner Zeit ein Sonderling, der wahlweise geliebt oder ignoriert wurde. "In den vier Jahren bis 2002 wurden deshalb nicht einmal 12.000 gebaut, während der gleich motorisierte Roadster auf fast 51.000 Exemplare kam", sagt Fank Wilke vom Marktbeobachter Classic Analytics. Und nur 6291 Exemplare davon durften das Sportabzeichen der M GmbH tragen.
In der zweiten Auflage als Z4 Coupé wurde der Zweisitzer von 2005 bis 2008 mit rund 17.000 Stück noch seltener gebaut. Und weder bei der dritten noch bei der aktuellen, vierten Generation hat je noch mal jemand über ein Coupé nachgedacht.
"Die kleine aber treue Anhängerschaft sorgte dafür, dass das Z3 Coupé schon als Gebrauchtwagen immer eine Ecke teurer als der Roadster war", sagt Wilke. Fans und Sammler haben längst die besondere Rolle des Coupés erkannt. Denn mit Einstiegspreisen von 64.000 D-Mark nur 700 D-Mark teurer als der Roadster, war das Z3 Coupé gemessen an seinen Stückzahlen noch immer ein Schnäppchen, genau wie das 95.000 D-Mark teure M Coupé.
Mittlerweile sind die Preise für den Sneaker aus Spartanburg sportlich, so Wilke: In der Mitte der letzten Dekade habe ein deutlicher Preisschub eingesetzt und ein Z3 Coupé 2.8 sei in gutem Zustand kaum mehr unter 20.000 Euro zu haben, von einem M-Modell ganz zu schweigen.
Quelle: ntv.de, abe/dpa
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