Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen Geländewagen und SUV? Eine wirklich exakte Definition ist schwierig, früher hat man immer gesagt, Fahrzeuge mit massiven Leiterrahmen-Konstruktionen seien der Geländewagen-Kategorie zuzuordnen. Aber diese Lesart ist überholt, weil heute selbst schwere Offroader mit selbsttragenden Karosserien bestückt sind.
Kleinere SUV sind sowieso eher Modeautos und verfügen nicht über nennenswerte Geländeeigenschaften. Für die meisten großen SUV gilt allerdings Ähnliches - sie werden tendenziell als Zugfahrzeuge genutzt oder eben als luxuriöse Familientransporter, wenn das Budget vorhanden ist. Doch in unwegsames Gelände? Fährt kaum jemand damit.
Der bereits seit 17 Jahren zum Mercedes-Standardrepertoire zählende Mercedes GLS (früher GL) wird wohl auch als SUV wahrgenommen, dabei ist er ein waschechter Geländewagen. Doch woran erkennt man das? An besonders hoher Offroadkompetenz beispielsweise mit Features wie kurzer Geländeuntersetzung und Differenzialsperren zur Optimierung der Traktion auf schwergängigem Terrain. Geländewagen müssen auch dann vorankommen, wenn im Geröll nur ein einziges Rad noch Bodenhaftung hat.
Trotz fehlender Untersetzung bleibt der GLS so geländegängig wie früher
Um die überarbeiteten GLS-Modelle in das "Mercedes-Benz Stadium" in Atlanta zu fahren, war so viel Allradkompetenz bei Weitem nicht nötig. Den Rasen des Football- und Fußballstadions bekäme der GLS wohl selbst mit nur einer angetriebenen Achse bewältigt. Mittels Kundenbefragungen haben die Schwaben herausgefunden, dass die wenigsten Käufer wirklich schweres Gelände befahren. Daher hat Mercedes jetzt Hand am sogenannten Offroad-Technikpaket angelegt.
Das präsentiert sich also neu, beinhaltet jetzt einen Unterfahrschutz und ermöglicht drei Zentimeter mehr Bodenfreiheit. Das für Geländewagen eigentlich so typische Untersetzungsgetriebe fällt künftig weg. Mercedes argumentiert mit dem Preis - so soll das Package (bisher über 2000 Euro teurer) künftig nur noch etwa ein Drittel davon kosten.
Aber Entwarnung! Die Kletterfähigkeit bleibt nämlich erhalten. Der GLS wird auch weiterhin 100-prozentige Steigungen bewältigen können. Schließlich haben nicht nur die Motorleistungen zugenommen, auch der erste Gang fällt künftig kürzer aus. Weiterhin lassen sich die Momente per "Torque-on-Demand" mithilfe eines Lamellenpakets zwischen allen Rädern stufenlos verschieben, und zwar zu 100 Prozent. Das System ersetzt längst die beiden früher beim GL verbauten 100-Prozent-Sperren.
Dass der GLS trotz Modifikationen im Antriebsstrang nach wie vor ein waschechter Kraxler ist, betonen neue Anzeigen im ansonsten wenig angefassten Kombiinstrument. Ab sofort werden Parameter wie Kompass und Lenkwinkel "visuell erlebbar", wie Mercedes verspricht. Und eine Zusatzfunktion der Rundumsichtkamera, die sogenannte "transparente Motorhaube", hilft dabei, Schlaglöcher und Steine frühzeitig zu erkennen, um Schäden am Fahrzeug zu verhindern.
Alle Diesel werden leicht elektrifiziert
Apropos Antriebsstrang: Hier hat sich jede Menge getan. Mussten die Selbstzünder bisher ohne Elektrifizierung auskommen, werden sie in Zukunft mit einem Kurbelwellenstarter versehen. Der boostet mit 20 PS, um den Verbrenner zu unterstützen. Statt 286 gibt es jetzt 269 plus 20 PS und der Verbrauch des Einsteigers GLS 350d 4Matic sinkt in der kombinierten WLTP-Disziplin von 9,6 auf 9,1 Liter je 100 Kilometer.
Fast noch spannender jedoch ist, dass Freunde starker Dieselantriebe jetzt profitieren. Der potentere der beiden Selbstzünder macht nämlich einen signifikanten Leistungssprung. Gab es mit dem bisherigen GLS 400d "nur" 330, sind es beim modifizierten 450d immerhin 367 Pferde plus 20 PS EQ-Boost (bei gleicher Verbrauchsreduktion). Damit dürfte insbesondere schwerer Zugbetrieb bis 3,5 Tonnen Anhängelast so richtig Laune machen.
Gutes Stichwort - hier gibt es ebenfalls Neuerungen. So wird der User das System mit Informationen über den Trailer (kleiner oder großer Anhänger) füttern können, und der Routenplaner berücksichtigt diesen Aspekt. Strecken, die vielleicht das Gewicht des Gespanns nicht zulassen, werden gemieden.
Doch auch die Ottoaggregate erhalten moderaten Leistungszuwachs. Den EQ-Boost gab es vorher schon, allerdings erstarkt der überarbeitete Dreiliter-Reihensechszylinder mit der internen Bezeichnung M256M. Statt 367 gibt es nun 381 PS, während die elektrische Leistung des Kurbelwellenstarters von 22 auf 20 PS sinkt. Hier steigt der Verbrauch allerdings um 0,3 auf 10,2 bis 11,7 Liter/100 Kilometer. Der Achtzylinder im GLS 580 bekommt 28 Zusatzpferde und glänzt nun mit 517 PS (13,4 bis 14,1 Liter/100 Kilometer). Keine nominellen Änderungen erfahren der Mercedes-Maybach GLS 600 4Matic (557 plus 22 PS) sowie der Mercedes-AMG GLS 63 4Matic+ mit 612 plus 22 PS.
Die optischen Änderungen fallen moderat aus
Aber war da nicht noch etwas mit der Optik? Äußere Erkennungsmerkmale des ausschließlich als Siebensitzer ausgelieferten GLS in der neuesten Ausgabe ist vor allem die modifizierte Front mit vier statt zwei Lamellen sowie teils neugestaltete Lufteinlässe. Darüber hinaus halten zwei neue Lackierungen Einzug in das Programm. Nämlich das bereits an ein oder anderer Stelle besprochene Manufaktur Alpingrau Uni sowie das Sodalithblau Metallic.
Zum Schluss noch ein paar Worte zum sportlichen Topmodell 63. Eine modifizierte Abstimmung der Luftfederung sowie der Wankstabilisierung sollen die Spreizung der Bandbreite zwischen Dynamik und Komfort vergrößern. Auch das aktive Sperrdifferenzial haben die Ingenieure nicht unangetastet gelassen.
Ziemlich cool übrigens: Kein 63er verlässt die Werkshallen künftig ohne die AMG-Performance-Abgasanlage mit steuerbarer Klappe. Wie der V8 dann wohl klingt? An dieser Stelle sei um Geduld gebeten. Mercedes hat noch keine Ausfahrt erlaubt. Die Preise des überarbeiteten und ab Herbst in den Markt startenden GLS lassen sich auf der Website ebenfalls noch nicht finden. Aber unter 100.000 Euro dürfte nichts mehr gehen.
Quelle: ntv.de
Tags: