In Indien stauen sich Russlands Öl-Einnahmen

  06 Juni 2023    Gelesen: 1007
  In Indien stauen sich Russlands Öl-Einnahmen

Nachdem es vom Westen sanktioniert wurde, hat Russland mit Indien einen neuen Großabnehmer für sein Öl gefunden. Doch der bezahlt in Rupien. Die stauen sich jetzt im Wert von vielen Milliarden Dollar bei indischen Banken.

Für Russland und Indien ist es auf den ersten Blick eine Win-win-Situation. Das vom Westen mit weitgehenden Finanz- und Handelssanktionen belegte Russland kann einen Großteil seines vom Europa verschmähten Öls nach Indien verkaufen und so seine mit Abstand wichtigste Exportbranche am Laufen halten. Indiens Wirtschaft wiederum wird mit Rohöl zu einem Vorzugspreis versorgt. Innerhalb des vergangenen Jahres wurde Indien zu einem der wichtigsten Kunden für russisches Öl. Mehr als 1,5 Fass pro Tag liefert Russland, nur China nimmt derzeit eine vergleichbare Menge ab.

Seit seiner Invasion in der Ukraine hat Russland die Einnahmen aus Exporten nach Indien von gut 10 Milliarden auf umgerechnet über 50 Milliarden Dollar gesteigert. Doch das Problem: Das Öl wird eben nicht in US-Dollar, sondern in indischen Rupien bezahlt. Und die bekommen die russischen Exporteure teilweise nicht aus Indien heraus. Auf deren Konten bei indischen Banken, so berichtet Bloomberg, haben sich inzwischen Rupien-Guthaben im Wert von mehreren Milliarden Dollar angehäuft. Pro Quartal kämen bis zu drei Milliarden Dollar - in Rupien - dazu.

Dass der russisch-indische Ölhandel in Rupien abgerechnet wird, hatten Vertreter der beiden Länder zunächst als Erfolg verbucht. So mache man sich unabhängig von der Dominanz des US-Dollars und der US-Regierung, die durch ihre Währung auch auf das globale Finanzsystem großen Einfluss hat. Doch dass nicht nur auf dem Ölmarkt seit vielen Jahrzehnten weltweit hauptsächlich mit dem Dollar gehandelt wird, hat einen einfachen Grund: Er wird überall in der Welt akzeptiert, ist - zumindest für alle Länder, die nicht mit strikten Sanktionen wie Russland derzeit belegt sind - leicht zwischen Handelsplätzen transferierbar und kann überall umgetauscht werden.

Die Rupie kann all das nicht. Die Währung unterliegt zum einen in ihrem Heimatland gesetzlichen Beschränkungen, was Umtausch und Ausfuhr betrifft. Zum anderen ist weltweit die Nachfrage nach Rupien sehr gering, da Indien ein hohes Handelsdefizit hat. Das Land exportiert viel weniger als es importiert. Daher brauchen Unternehmen, Banken und sonstige Institutionen außerhalb Indiens kaum Rupien. Aufgrund von Indiens vergleichsweise kleiner Exportwirtschaft haben auch russische Unternehmen keine Verwendung für die überschüssigen Rupien. Der Wert der Ausfuhren von Indien nach Russland belief sich zuletzt auf weniger als ein Zehntel der indischen Importe aus Russland.

Rupien-Berg dürfte weiter wachsen

Seit mehreren Monaten schon suchen russische und indische Regierungsvertreter nach einer Lösung für das Rupien-Problem. Ein Vorschlag: Die russischen Unternehmen könnten ihr Rupien-Vermögen einfach in Indien belassen und anlegen, etwa in Unternehmensanteile oder in Infrastrukturprojekte. Das stößt bei den betroffenen Unternehmen offenbar nicht auf große Begeisterung, vor allem nicht, wenn sie ihre Einnahmen kurzfristig in Russland benötigen.

Ein anderer Lösungsansatz ist, die Rupien-Guthaben über Drittländer und Währungen nach Russland zu transferieren und umzutauschen. Das ist jedoch nicht nur aufgrund des bereits erwähnten fehlenden Interesses an indischen Rupien im Ausland schwierig. Herausgeber globaler Leitwährungen wie Euro und japanischer Yen haben Russland ebenfalls mit Sanktionen belegt. Berichten zufolge können Rupien in begrenztem Umfang über die Vereinigten Arabischen Emirate umgetauscht und nach Russland transferiert werden. Ein anderer Weg führt über China. Diese Möglichkeit findet aufgrund der Rivalität zwischen Indien und China allerdings in Neu-Delhi offiziell keine große Unterstützung.

Nach dem Wegfall der westlichen Kunden auch Ersatz für Indien als Großabnehmer seines Öls zu finden, dürfte schwierig werden für Russland. Nur ein Dutzend Länder verbrauchen mehr als 1,5 Millionen Fass pro Tag, und die haben sich entweder den anti-russischen Sanktionen angeschlossen oder fördern ihr Öl selbst. So dürfte der Rupienberg auf russischen Konten in Indien noch eine Weile weiter wachsen.

Quelle: ntv.de, mbo


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