Die Bayern kamen insgesamt klar eine Runde weiter, doch zwischendurch wackelten sie, wie schon im Hinspiel. Anfangs hatten sie alles im Griff, weil meist den Ball. Gefährlich wurde dann aber Benfica, ging mit dem ersten ernsten Angriff 1:0 in Führung. Kurz darauf fiel fast das 2:0. Doch Arturo Vidal gelang wie schon in München ein Tor. Als die Bayern durch eine einstudierte Ecke das Führungstor schossen, schien alles gelaufen. Doch Benfica glich mit einem Freistoß aus und kam tatsächlich noch mal auf. In der Nachspielzeit hätte die Heimelf fast ein drittes Tor geschossen, was ihr freilich nicht geholfen hätte. Die Stimmung war super, auch die Bayernspieler schwärmten von den portugiesischen Gesängen. Das Bild des Abends zeigt Rui Vitória, den Trainer Benficas, der vom Schiri auf die Tribüne geschickt wurde:
Fazit: Die Spieler des FC Bayern kamen verdient weiter, auf sie ist nun mal Verlass, wenn es in Europa zur Sache geht. Sie offenbarten aber in beiden Spielen Mängel in der Abwehr. Und nicht nur dort. Durch das Zentrum und auch über den linken Flügel entwickelte die Elf keine große Gefahr, und die Fehlpassquote ist höher als zu besten Zeiten. Nicht mehr sehr viele spielen in Guardiola-Maßstäben auf Toptoptop-Niveau.
Wer war bei den Bayern gut?
Gut ist eine Untertreibung für die Leistung von Philipp Lahm. Er war bester Bayern-Spieler. Wie schon im Hinspiel. Wie schon gegen Juventus. Wie eigentlich schon seit zehn Jahren. Diesmal war er so stark, dass es sogar Fernsehexperten auffiel.
In der Abwehr hielt sich Lahm schadlos, gewann auch mehrere Kopfballduelle, was, wenn man ihn kennt, völlig normal ist. Im Mittelfeld verteilte er dank seiner in Deutschland einzigartigen Qualität bei der Ballmitnahme in Seelenruhe die Bälle. In der Offensive war er Bayerns gefährlichster Mann. Immer wieder stieß er mit Tempoläufen in den Strafraum. Es war kein Zufall, dass bei Bayern das meiste über seine rechte Seite lief. Da muss man ihn nicht mal für seine Flanke loben, die dem Ausgleich vorausging, und die der Keeper in die Mitte abwehren musste. Jedenfalls war Lahm so aktiv, als wären da mehrere Lahms auf dem Platz. Lahm passt auf Lahm, der Lahm steil schickt. Als wäre es seine letzte Chance, in ein Champions-League-Halbfinale zu kommen. Der Typ wird bald 33, aber wirkte wie der Jüngste auf dem Feld. Ist das am Ende Peter Pan?
Seine Interviews machen einen, zugegeben, ja selten heiß. Aber diesmal hatte Lahm auch am Mikro Außerordentliches zu bieten. Im ZDF sagte er über das erste Gegentor: "Man muss nicht immer das Salz in der Suppe suchen." Oder mit der Kirche ins Dorf fallen.
Und wie war der Rest der Bayern?
Am meisten redet man wieder über Arturo Vidal, einen der torgefährlichsten Mittelfeldspieler der Welt. Was er auch wieder bewies. Den Abstauber zum 1:1 knallte er mit seinem schwachen linken Fuß aus achtzehn Metern ins Netz. Auch gewann er viele Zweikämpfe. Man sah aber auch wieder: Das Kombinationsspiel wird vermutlich nicht mehr seine Lieblingsdisziplin.
Franck Ribéry fiel es schwer, am Gegner vorbeizukommen. Douglas Costa hatte bei Pässen und Flanken eine breite Streuung. Thomas Müller blieb oft hängen. Javi Martinez erreichte nach seiner langen Verletzung noch keine Topspeed. Joshua Kimmich hatte einige Ausrutscher drin, nicht nur vor der Großchance durch Raúl Jiménez, die fast zum 2:0 führte, als er wie Xabi Alonso im Strafraum am Ball vorbeigrätschte.
Was war denn mit Manuel Neuer?
Beim 1:0 flog er durch die Gegend, als wollte er Vitoria Konkurrenz machen, dem Vereinsadler Benficas. Allerdings war es eine Spitzenflanke von Eliseu, die Neuer nicht erreichte. Das Timing des Torschützen war auch sehr gut. Eigentlich hatte Neuer keine Chance, vermutlich nicht mal, wenn er auf der Linie geblieben wäre. Der Freistoß zum 2:2 war so scharf, dass er auch nichts machen konnte. Jedenfalls ließ sich Neuer nicht aus der Ruhe bringen. Das sah man kurz vor Schluss bei einem scharfen, präzisen Direktpass über 60 Meter.
Und Pep Guardiola?
Die Leute, die nur Weltklassespieler im Bayern-Kader sehen, werten das Weiterkommen gegen Benfica als Selbstverständlichkeit. Mit Bayern würde der Hausmeister Pokale holen, sagt mancher. Bei denen kann er nicht mehr punkten. Dabei ist Guardiola nach wie vor für einen Gutteil der Qualität und der Siege der Bayern verantwortlich. Er nimmt Einfluss auf die Spieler, seine Handschrift ist immer erkennbar, auch an schlechten Phasen und Tagen. Mehr als andere Teams der Champions League hat Bayern einen Stil, von Atlético Madrid vielleicht abgesehen.
Guardiola ist nun in seiner siebten Saison Cheftrainer. Bilanz: sechs Mal Meister (insofern er das Ding dieses Jahr ins Ziel bringt), sieben Mal Halbfinale der Champions League. Das sieht fast schon nicht mehr nach Zufall aus. Erwartet wird, dass er mit Bayern erstmalig den Cup gewinnt. Aber eins wird er in München nicht erlebt haben, wenn er die Stadt verlässt: seinen Ex-Club Barcelona rauszuwerfen (siehe nächste Frage).
Wie lief das andere Halbfinale?
Der Favorit schied aus. Überraschend, wenn auch nicht mehr ganz so wie man das vor wenigen Wochen betrachtet hätte. Doch der Titelverteidiger aus Barcelona, der seit einigen Spielen schwächelt, verlor das Auswärtsspiel gegen Atlético 0:2. Viel Ballbesitz, aber harmlos. Zu allem Überfluss übersah der Schiri einen Handelfmeter für Barca, aber auch eine Rote Karte. Das heißt: Noch nie konnte ein Verein die Champions League zweimal hintereinander gewinnen, und das wird auch dieses Jahr so bleiben.
Trotzdem warten im Halbfinale schöne Aufgaben auf Guardiola: sein künftiger Club Manchester City, Atlético, das vielen Experten inzwischen als Favorit gilt, oder Ronaldo Madrid.
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