Die Ukraine scheint bei ihrer Gegenoffensive den Fokus in Richtung der Krim zu verlagern. Ukrainische Beamte haben die USA laut "New York Times" über den Beginn einer neuen Phase und deren Schwerpunkt informiert, heißt es in der Zeitung, die sich auf zwei anonyme Pentagon-Beamte beruft. Demnach liege die neue "Hauptstoßrichtung" der laufenden ukrainischen Gegenoffensive derzeit im Südosten. Die Ukraine werde Tausende von westlich ausgebildeten Verstärkungskräften einsetzen, die zuvor in Reserve gehalten wurden.
Kreml-Beauftragte in den besetzten Gebieten bestätigten der Zeitung gegenüber diese Darstellung und berichteten von ständigen Angriffen entlang der südlichen Front und intensiven Kämpfen mit westlich ausgebildeten ukrainischen Truppen, die mit Leopard- und Bradley-Panzern ausgerüstet sind. Der Beschuss im besetzten Teil der Region Saporischschja habe sich entsprechend verstärkt.
Die ukrainischen Beamten hätten ihre US-Kollegen darüber informiert, dass man beim Vorstoß nach Süden die russischen Minenfelder und Befestigungen auf dem Weg zur Stadt Tokmak durchqueren wolle. Sollte dies gelingen, wäre das nächste Ziel Melitopol in Küstennähe.
"Dies ist der große Test", sagte ein hoher US-Beamter der Zeitung. Letztlich sei das Ziel, die Landbrücke zwischen der von Russland besetzten Ukraine und der besetzten Krim abzuschneiden oder zumindest so weit voranzukommen, dass die strategisch wichtige Halbinsel in die Schusslinie der Ukraine gerät. Der geschätzte Zeitplan, der von ukrainischen Beamten an Beamte in Washington übermittelt wurde, lässt vermuten, dass die neue Operation eine bis drei Wochen dauern könnte.
Nach deutscher Einschätzung stehen die ukrainischen Streitkräfte bei ihrer Gegenoffensive vor weiteren schweren Kämpfen. "Man muss ja nur mal auf die Karte blicken, und da haben wir ein Kräfteverhältnis von ungefähr eins zu eins. Und eine neun Monate lang vorbereitete Verteidigung mit starken Geländeverstärkungen und seit einem halben Jahr vorbereiteten Minensperren", sagte der deutsche Brigadegeneral Christian Freuding.
Für Vorstöße müsse örtlich und zeitlich begrenzt eine Überlegenheit erzeugt werden. "Und das begründet auch das sehr vorsichtige, um es unmilitärisch auszudrücken, tastende Vorgehen der Ukrainer, diese Stelle zu finden", sagte der Offizier, der auch die militärische Hilfe Deutschlands für die Ukraine koordiniert. Die Ukraine versucht seit etwa zwei Monaten, russisch besetzte Gebiete zurückzuerobern.
Quelle: ntv.de, mba
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