Die Groko bäumt sich noch einmal auf

  14 April 2016    Gelesen: 561
Die Groko bäumt sich noch einmal auf
Nach einem Winter voller Streit will die Große Koalition jetzt noch einmal ranklotzen. Viel Zeit bleibt ihr auch nicht. In ein paar Monaten beginnt der Wahlkampf. Mehr denn je wird sich jede Partei dann selbst die nächste sein.
Fast ein halbes Jahr hat die Große Koalition mit Streit verplempert: Streit um eine Obergrenze für Flüchtlinge, Streit um Integration und Verteilung, Streit um die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingsfrage und die Querschüsse der CSU dagegen. Nach dem langen Winter im Zeichen der Flüchtlingskrise blicken vor allem die Unionsparteien CDU und CSU zerknirscht auf die jeweilige Schwester, während die SPD ihre historisch schlechtesten Umfragewerte zu verkraften hat. Dafür macht sie wiederum die Union verantwortlich, weil diese mit ihren Streitereien ein so verheerendes Bild der Großen Koalition zeichnet, so der Vorwurf aus der SPD.

Wäre all das nicht gewesen, hätte die Koalition schon genug zu tun gehabt. Fertige Reformvorschläge von Arbeitsministerin Andrea Nahles zu Leiharbeit und Werkverträgen liegen seit fast einem halben Jahr unbeachtet in der Schublade. Nur noch gut zwei Monate bleiben, um die Erbschaftssteuer zu reformieren, was das Bundesverfassungsgericht fordert. Auch hier liegt der Streit eher zwischen CDU und CSU. Dann wäre da noch die angekündigte Lebensleistungsrente, eine Neufassung des Gesetzes für Erneuerbare Energien und die schwache Nachfrage nach Elektroautos.

Höchste Zeit also, dass die Chefs der drei Regierungsparteien höchstpersönlich vor die Kameras treten und einen Plan präsentieren, wie es nun vorangehen soll. Im Mittelpunkt stehen die beiden Themen, zu denen es in einer siebenstündigen Nachtsitzung eine Einigung gab. Ein Integrationsgesetz soll noch im Mai verabschiedet werden, was SPD-Chef Sigmar Gabriel einen "historischen Schritt" nennt. Auch Merkel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer loben es. Außerdem haben sie Maßnahmen zur Terror- und Kriminalitätsbekämpfung beschlossen. Alles andere aber sind Absichtserklärungen.

AfD eint und entzweit zugleich

Ein ambitionierter Zeitplan soll bei den anderen verschleppten Problemthemen retten, was zu retten ist. Die Parteien wollen sich an ihre Koalitionsvereinbarungen und Wahlversprechen erinnern. Der Druck dafür ist groß. Ob es allerdings wirklich zu all den angestrebten Einigungen kommt, daran lässt Seehofer schon wieder Zweifel aufkommen. Während die SPD felsenfest davon ausgeht, dass Nahles` Gesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen "unverändert" in die Ressortabstimmung geht, betont der CSU-Chef, es gebe noch "einige Punkte", über die man ja danach noch einmal im Kabinett sprechen könne.

Bundeskanzlerin Merkel macht bei der ersten gemeinsamen Dreier-Pressekonferenz seit November den Anfang und sagt: "Ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass wir die Zusammenarbeit fortsetzen." Damit meint sie die kommenden Wochen und Monate. Bei ihrem schlimmsten Widersacher der vergangenen Monater klingt das ein bisschen differenzierter: "Ich denke, wir haben auch gestern Abend viel bewirkt für unser Land", sagt Seehofer. "Aber ich möchte auch nicht verschweigen, dass wir noch gigantisch viel zu tun haben bis zur Sommerpause."

Danach bleibt der Großen Koalition nicht mehr allzuviel Zeit. Im September 2017 sind Bundestagswahlen. In die verbleibenden 17 Monate fallen zwei Sommerpausen und irgendwann nach Weihnachten wird der Wahlkampf beginnen. Deshalb ist nun das Ziel: Bis zu dieser Sommerpause sollen die wesentlichen Streitpunkte geklärt sein, bis Weihnachten konkret entschieden werden.

Danach, das ist nur zwischen den Zeilen zu erahnen, wird es auf andere Art zur Sache gehen. Die Union will - und nach derzeitigem Stand: wird wohl - auch die nächste Regierungskoalition führen. Doch mit wem, ist offen wie nie. Fest steht, dass im nächsten Bundestag die Sitzverteilung deutlich verändert sein wird. Das liegt an der AfD, die die Koalitionsparteien seit Monaten gleichermaßen vor sich hertreibt. In gewisser Weise sind Union und SPD damit Leidensgenossen. Zu Geschlossenheit, das konnte man in den vergangenen Monaten sehen, führt das allerdings nicht.

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