SPD-Minister stimmten gegen Merkel

  16 April 2016    Gelesen: 683
SPD-Minister stimmten gegen Merkel
Die gesonderten Ermittlungen zu Jan Böhmermann sorgen in der Bundesregierung für Unstimmigkeiten. Anders als Kanzlerin Merkel stimmen die SPD-Minister gegen den Antrag der türkischen Regierung. Auch die anderen Parteien kritisieren die Entscheidung.
Die SPD hat die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert, auf Wunsch der Türkei strafrechtliche Ermittlungen gegen Jan Böhmermann zu erlauben. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte in einem Statement, die SPD geführten Ressorts hätten nach sorgfältiger Abwägung gegen die Erteilung der Ermächtigung gestimmt. Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit seien höchste Schutzgüter unserer Verfassung. "Die Diskussion, wie wir in Deutschland unser Zusammenleben gestalten, wie wir Freiheit schützen und wo Grenzen liegen, ist wichtig."

Bundesjustizminister Heiko Maas, der ebenfalls an der Entscheidung beteiligt war, ergänzte, dass der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan schon als Privatmann Anzeige wegen Beleidigung gegen den ZDF-Satiriker erstattet habe. "Die Frage, ob es sich bei den Äußerungen von Herrn Böhmermann um Satire oder schon um eine strafbare Beleidigung handelt, wird deshalb ohnehin von den Gerichten nach Recht und Gesetz entschieden." Im Gegensatz zu allen vorherigen Fällen sei die Äußerung zudem von einem Journalisten in einer Satiresendung gemacht worden.

Merkel entscheidet

SPD-Fraktionschef Oppermann hatte vorher bereits mitgeteilt, dass bei der Entscheidung Stimmengleichheit geherrscht habe zwischen Steinmeier und Maas auf der einen sowie Merkel und Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf der anderen Seite. In solchen Fällen unterschiedlicher Auffassungen treffe nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung die Kanzlerin die Entscheidung.

Merkel selbst hatte in ihrer Erklärung bereits deutlich gemacht, dass die SPD bei der Entscheidung überstimmt wurde. "Es gab unterschiedliche Auffassungen zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD. Im Ergebnis wird die Bundesregierung im vorliegenden Fall die Ermächtigung erteilen", sagte die Kanzlerin.

Türkische Gemeinde gegen Ermittlungen

Auch die anderen Parteien üben Kritik an den gesonderten Ermittlungen. Sahra Wagenknecht, die Fraktionschefin der Linken, sprach auf Twitter von einem "unerträglichen Kotau: Merkel kuscht vor türkischem Despoten Erdogan und opfert Pressefreiheit in Deutschland." Grünen-Chef Cem Özdemir sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, es fühle sich falsch an, dass es hier eine Sonderbehandlung gebe. "Dem türkischen Präsidenten hätte auch der normale Rechtsweg offen gestanden."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, teilt diese Ansicht. "Ich finde die Entscheidung falsch", sagte er der "Berliner Zeitung". Erdogan habe ja auch als Privatperson Strafantrag gestellt. "Dabei hätte man es belassen sollen."

Die Union stellte sich dagegen geschlossen hinter die Entscheidung von Merkel. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte, "Satire darf alles, aber nicht jede Beleidigung ist Satire. Wo die Grenze liegt, entscheiden in unserem Rechtsstaat die Gerichte." Deswegen habe die Bundesregierung richtig gehandelt.

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