So denkt Europas Jugend über Liebe und Sex

  21 April 2016    Gelesen: 983
So denkt Europas Jugend über Liebe und Sex
Wie verschieden sind junge Menschen, die Liebe suchen? Im Fernsehen und im Netz wird die "Generation What" befragt. Eine Dokumentation befasst sich mit Treue – und der Frage nach schnellem Sex.
Was müssen junge Erwachsene zu allen Zeiten nicht alles über sich ergehen lassen. Welche Zuschreibungen gibt es nicht: Millennials, erst Generation X, dann Y, Generation Golf, Internet, Porno. Am Ende weiß keiner so genau, wie die eigentlich sind, diese jungen Leute, zu denen manche Ältere den Bezug verloren haben, weil sie selbst vergessen haben, wie es war. Damals. So zwischen 18 und 34.

Fernsehen und Internet wollen das jetzt herausfinden. Nachhaltig und belastbar. "Generation What?" heißt das multimediale Projekt, in dem Sender aus zwölf Ländern Europas und in Deutschland das ZDF den aktuell 18- bis 34-Jährigen auf den Zahn fühlen. Wie sind die eigentlich? Was denken und fühlen sie zum Beispiel in Deutschland, Spanien, Italien und Tschechien?



Liebe, Sex, Freundschaft, Job, Ausbildung, Familie, Politik sind die Themen eines interaktiven Fragebogens, der seit dem 11. April online ist, an dem man sich bis Oktober 2016 beteiligen kann und dessen Antworten in Echtzeit aktuell einsehbar sein sollen. Bis Frühjahr 2017 werden die Ergebnisse im Netz aktualisiert; mehr als drei Millionen Teilnehmer zeigt die Webseite jetzt schon an. Es ist eine Weiterentwicklung von Génération Quoi, einer groß angelegten Studie in Frankreich aus dem Jahr 2013. In Deutschland wird es vom Sinus Institut begleitet, das die Daten wissenschaftlich auswerten wird.

Keine Angst, liebe Eltern

Dazu gehören, auch jeweils länderspezifisch aufbereitet, vier Dokumentarfilme. Sie sollen die Lebenssituation der jungen Leute zeigen. Der erste ist an diesem Mittwoch zu nachtschlafender Zeit zu sehen: "Generation What? – Die Liebe, der Sex und ich".

Was die Doku zeigt, kann auch Menschen mit eher konservativem Lebensentwurf beruhigen und lässt alle, die älter sind als 34, aufatmen. Denn so weit sind die Jungen nicht von den Fragen entfernt, die Erwachsene sich in Bezug auf erste Liebe damals selbst gestellt haben oder die sich mancher Langzeitsingle oder Geschiedene noch stellt, die Liebe generell betreffend. Ihre Antworten auch nicht. Interessant wird sein, ob das Ergebnis der Studie am Ende das widerspiegelt, was die Filme zeigen.

Wie halte ich es mit der Treue? Das fragt sich zum Beispiel Thais, 24, die nach dem Ende ihrer "chaotischen Liebe" zu David von Paris nach Berlin gezogen ist. "Das Besondere an ihm war seine Homosexualität", erzählt die Grafikdesignerin. "Also war klar, dass wir uns auch anderweitig umsehen durften." Das hat sie aber nicht getan.

Die Wohnung wird "House of Fuck" genannt

Diese Liebe tat weh, doch sie zeigte das nicht. "Wir hatten nie eine richtige Beziehung, weil wir die nie definiert hatten. Also konnte ich auch keine Ansprüche stellen." Will oder kann sie eine sexuell so freie Liebe leben? Aus heiterem Himmel hatte sie sich verliebt und in ihrer Liebe isoliert, "weil ich mich so gut gefühlt habe und gleichzeitig so schlecht".



In Berlin hat die 24-Jährige einen neuen Job, neue Freunde und "ein Gefühl von Freiheit gefunden, das ich in Paris verloren hatte". Sie fragt sich, ob sie hübsch ist, mehr der Kumpeltyp oder eine Femme fatale. Sicher ist für sie jedenfalls: "Ich habe früher nicht kapiert, dass man erst sich selbst kennenlernen muss, bevor man mit einem anderen Menschen etwas aufbauen kann."

Auch Richard aus Manchester sieht sich mit der Frage konfrontiert, wie frei er eine Beziehung führen möchte. Er kommt zu dem Schluss: "Die sollen mich am Arsch lecken!" Der 26-Jährige, der auf Jungs wie auf Mädchen steht, aber eigentlich doch lieber mit Männern schläft, will nicht mehr gesagt bekommen, was er zu tun hat: "Warum kann ich nicht herumschlafen, solange ich gesund bleibe und keinen verletze?"

Er ist eine schillernde Figur, verkleidet sich, wenn er ausgeht, goldene Lippen, blau bemalter Körper, mit Tape verklebte Brustwarzen. Er nennt sich auf seiner Facebook-Seite Ricardo Glencasa, "zum Verbergen meines wahren Ichs vor Leuten, von denen ich nicht will, dass sie sehen, wie ich mich in einem Whirlpool entspanne oder sogar noch verrücktere Dinge mache".

Untreue ist für sie ein Tabu

Francisco aus Portugal sieht das mit der Treue ähnlich. Oder sah es so, bis er Dimitra traf, die ihren Urlaub in Ericeira verbrachte. Der Surfer arbeitet in einer Bar, schleppt gerne Mädchen ab, seine Wohnung trägt unter Freunden den Spitznamen "House of Fuck". "Sex braucht man regelmäßig", sagt er und man sieht ihn, wie er verschiedene Mädchen umarmt, streichelt, küsst.

Sieben Monate führt der 20-Jährige eine Fernbeziehung mit Dimitra, möchte aber trotzdem mit anderen Mädchen zusammen sein. Schließlich ist sie nicht da. "Aber hingeben kann ich mich nicht, das ist nicht dasselbe." Also überlegt er, nach Griechenland zu Dimitra zu reisen. "Und wenn es nix wird, komme ich wieder heim und heule wie ein Idiot."

Für Angelina dagegen, ist Untreue ein Tabu. Für sie fängt die schon damit an, wenn man einen anderen küsst. Kommt nicht infrage.

Warst du schon mal richtig verliebt?

Angelina hat sich auf den ersten Blick verliebt und hatte das Glück, dass es Saher mit ihr ebenso ging. Seitdem verbringt die Waldorfschülerin aus Freiburg im Breisgau jede freie Minute mit ihrem Freund, einem Flüchtling. Auch wenn es Kritik von ihrer Schwester und den Eltern gibt. Angelina bewundert Saher dafür, dass er die Flucht aus dem Irak nach Deutschland geschafft hat. Zusammen träumen die beiden 18-Jährigen von einem gemeinsamen Leben, inklusive Haus, Auto, Kinder. Es wird viel geküsst in diesem Film.

Und die Hauptfrage?

Die wird am Ende dann auch gestellt. Und es gibt sogar eine Antwort. Ob er schon mal richtig verliebt gewesen sei, will Francisco von seinem Freund Felix wissen. Ja klar, sagt der. Und wie fühlt sich das an? "Wenn du mit irgendeinem Mädchen zusammen bist, ist es nicht das Gleiche, wie mit dem Mädchen, das du liebst. Die kleinen Spielchen, die Blicke, alles ist anders, fühlt sich einfach richtig an."

Quelle : Welt.de

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