Es ist Sinnbild für das Hängen und Würgen mit dem sich der größte Autokonzern der Welt von Anfang an durch den Skandal gewurschtelt hat. Wieder läuft eine Frist ab. Und wieder liefern die Wolfsburger gerade mal so viel, wie nötig. In diesem Fall die nötigen Eckpunkte, um den drohenden Prozess in den USA wegen Dieselgate abzuwenden. Das galt es zu verhindern. Aber das juristisch nötige tut VW eben nicht.
Einsicht, Zeichen setzen, freiwilliges Entgegenkommen - alles Fehlanzeige. Bei den US-Verhandlungen ist es schon das zweite Ultimatum, das der Richter stellen musste. Viel zu lange hat VW-Chef Matthias Müller versucht, den US-Behörden zu besäuseln, man habe eigentlich gar nicht geschummelt, gelogen schon gar nicht. Jetzt liefert der Konzern zwar, doch ein Schlussstrich gezogen wird immer noch nicht.
Viel zu viel ist in dieser Affäre noch unklar. Das Management hatte eine neue Unternehmenskultur versprochen. Die Rede war von schonungsloser Aufklärung, Transparenz und neuem Vertrauen. Viel ist davon bisher nicht zu spüren.
Die Öffentlichkeit wartet immer noch auf den Untersuchungsbericht der US-Kanzlei Jones Day. Ursprünglich wollte Jones Day dem sogenannten Diesel-Ausschuss des Aufsichtsrates den Zwischenbericht am 10. April vorlegen. Das Treffen fiel allerdings aus. Mittlerweile ist unklar, ob der Bericht überhaupt öffentlich zugänglich gemacht wird - obwohl sich Konzernvorstand und Aufsichtsrat in ihrer Argumentation seit einem halben Jahr darauf stützen.
Nicht einmal auf einen Boni-Verzicht konnte sich das Management einigen. VW-Chef Matthias Müller schaffte es gerade noch, den Vorstandsmitgliedern eine Kappung der Prämien abzuringen. Die freiwillige Verzichtserklärung, die dabei heraus kam, war dem Aufsichtsrat jedoch zu wenig. Jetzt wartet er auf mehr. Bis Freitag soll der Vorstand liefern. Eine Botschaft scheint jedoch durchgedrungen zu sein: Der Öffentlichkeit und den Mitarbeitern sei der geringe Verzicht nicht zu vermitteln gewesen, hieß es.
Schlimm genug, dass der geschasste VW-Chef Martin Winterkorn noch immer auf der Gehaltsliste steht. Wirklich peinlich ist, dass Ex-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch für den Wechsel an die Spitze des Aufsichtsrats fürstlich belohnt worden sein soll. Um den lukrativen Posten des Finanzchefs – Jahreseinkommen 2014 rund 7 Millionen Euro – zu verlassen und den Vorsitz des Aufsichtsrats – Jahressalär zuletzt "nur" 1,5 Millionen – zu übernehmen, soll Pötsch eine Abfindung verlangt und erhalten haben.
Medienberichten zufolge soll er einen "Sonderbonus" von bis zu 10 Millionen Euro erhalten haben. Wieder ein Verhalten, das die fatale Unternehmenskultur offenlegt. Wenn VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh die Moral hochhält, die Volkswagen nach dem Skandal versprochen hat, wirkt er wie ein einsamer Rufer im Wolfsburger Walde.
Ein Neuanfang, ein klarer Bruch mit der autokratischen Vergangenheit sieht anders aus. Was VW präsentiert, hat mit echter Aufklärung nichts zu tun.
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