Ohne die syrischen Ärzte und Pflegekräfte "wird es eng"

  13 Dezember 2024    Gelesen: 509
  Ohne die syrischen Ärzte und Pflegekräfte "wird es eng"

Nach dem Sturz des Assad-Regimes fordern einige Politiker die Rückkehr der Syrerinnen und Syrer aus Deutschland in ihre Heimat, viele spielen selbst mit dem Gedanken, zurückzugehen. In der Gesundheitsbranche sorgt das für große Beunruhigung.

Ärzte und Pflegeverbände warnen angesichts der Debatte über die Rückkehr von Syrern in ihre Heimat nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad vor Versorgungslücken. "In ländlichen Regionen halten syrische Ärztinnen und Ärzte die Versorgung in Krankenhäusern aufrecht, ohne sie wird es eng", sagte Michael Weber, Präsident des Verbandes leitender Krankenärztinnen und -ärzten, der "Bild"-Zeitung. Es sei damit zu rechnen, "dass ein substanzieller Anteil der rund 5000 syrischen Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern in ihr Heimatland zurückkehrt".

Auch Susanne Johna, erste Vorsitzende der Ärztevereinigung Marburger Bund, warnte bei einem Fehlen der syrischen Ärzte vor einer "relevanten Belastung für die ohnehin angespannte ärztliche Versorgungslage in Deutschland". Klar sei, dass sie in ihrem Herkunftsland dringend gebraucht würden, sagte Johna weiter. "Dafür haben wir großes Verständnis. Wir hoffen aber darauf, dass diejenigen syrischen Ärzte, die in Deutschland eine zweite Heimat gefunden haben, uns bei der Versorgung der Patientinnen und Patienten weiterhin unterstützen."

Die Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Pflege, Isabell Halletz, nannte eine Rückkehr dieser Fach- und Arbeitskräfte einen "schweren Schlag für die Altenpflege". "Syrische Mitarbeitende sind in vielen Kollegien top-integriert und bei den Pflegebedürftigen geschätzt. In mehr als jeder zehnten Pflegeeinrichtung arbeiten Syrer", sagte Halletz. "Kleinere Einrichtungen könnten vor dem Aus stehen - sie brauchen jede helfende Hand. Sonst drohen Insolvenzen, Schließungen und ein weiterer Pflegeplatzabbau." Syrer seien eine "zentrale Säule unter den Geflüchteten in der Pflege".

Auch Faeser warnt vor Arbeitsmarkt-Folgen

Die islamistische Gruppierung Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen hatten nach ihrer am 27. November begonnenen Großoffensive am Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus eingenommen und den seit Jahrzehnten herrschenden Machthaber Assad gestürzt. Assad setzte sich ins Ausland ab. Unmittelbar danach wurden in Deutschland Forderungen nach einer Rückkehr der in Deutschland lebenden Geflüchteten laut. Es müsse Reisebeihilfe und Startgeld für freiwillige Ausreisen geben, sagte die CSU-Politikerin Andrea Lindholz am Mittwoch der "Bild"Zeitung. Ähnlich hatte sich zuvor schon der CDU-Politiker Jens Spahn geäußert. Dieser sprach sich bei ntv für ein "Startgeld" von 1000 Euro sowie Charterflugzeuge nach Syrien aus.

Wie Deutschland hat eine Reihe europäischer Länder ihre Asylverfahren für syrische Staatsbürger vorerst ausgesetzt. Österreich kündigte als bisher einziges EU-Land ein "Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien" an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser fordert ein gemeinsames europäisches Vorgehen bei einer möglichen Rückkehr von syrischen Flüchtlingen. "Ich glaube, es wäre sehr zielführend, das gemeinsam zu organisieren", sagte die SPD-Politikerin. "Man braucht ja auch die gleiche Datengrundlage, wie sich das Land entwickelt." Deswegen werde sie dies bei dem Treffen anregen. Zuvor hatte auch sie schon vor den Folgen einer Rückkehr von syrischen Flüchtlingen für den deutschen Arbeitsmarkt gewarnt. "Es würden ganze Bereiche im Gesundheitssektor wegfallen, wenn jetzt alle Syrer, die hier arbeiten, unser Land verlassen würden", sagte sie am Mittwoch nach einer Sitzung des Bundeskabinetts.

Ende 2023 waren rund 712.000 Menschen aus Syrien im deutschen Ausländerzentralregister als Schutzsuchende registriert. Knapp 1,3 Millionen Syrerinnen und Syrer leben als Einwanderer in Deutschland, 17 Prozent haben die deutsche Staatsbürgerschaft.

Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa


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