Chinas KI lehrt die USA das Fürchten

  27 Januar 2025    Gelesen: 203
  Chinas KI lehrt die USA das Fürchten

An den US-Börsen stürzen die Kurse von Tech-Aktien ab. Eine chinesische Firma könnte mit ihrer KI zu einem Konkurrenten werden, der die Vormacht der US-Firmen untergräbt.

Mit Chip-Sanktionen versuchen die USA, ihren Vorsprung bei der Künstlichen Intelligenz gegen China zu verteidigen. Doch die Volksrepublik holt offenbar rasant auf. Ein KI-Modell eines chinesischen Startups sorgt für heftige Kursverluste an den US-Börsen.

Entwickelt wurde das Modell von der Firma Deepseek. Es soll sehr kosteneffizient sein und kommt mit weniger starken KI-Chips aus als die großen KI-Modelle der etablierten US-Anbieter. Damit könnte Deepseek ein ernsthafter Konkurrent werden. Experten wollten die jüngsten Entwicklungen zwar nicht überbewerten, da es nichts bahnbrechend Neues gebe. Gleichwohl könnte die Debatte eine Konsolidierung der teils hohen Bewertungen im Tech-Bereich auslösen.

Dass es China mit Deepseek trotz der Sanktionen gelungen ist, ein konkurrenzfähiges KI-Modell zu programmieren, ist eine schlechte Nachricht für Unternehmen, die künstliche Intelligenz teuer anbieten wollen und riesige Summen in große Serverfarmen und die modernsten Chips gesteckt haben. Unternehmen wie Nvidia werden in Zukunft möglicherweise deutlich weniger Chips verkaufen. "Die USA können sich nicht mehr in Sicherheit wähnen, die KI-Marktführerschaft auch in Zukunft für sich in Anspruch zu nehmen. Die Billig-KI aus China könnte die Margen der hoch bewerteten KI-Unternehmen an der Nasdaq und auch in Europa untergraben", sagte ein Börsianer.

"Plötzlich könnten all die hohen Bewertungen so gar nicht mehr gerechtfertigt sein und plötzlich interessiert sich an der Börse auch keiner mehr für die großen Versprechungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, weitere 500 Milliarden Dollar in den KI-Hype zu investieren", schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus RoboMarkets.

"Aus Anlegersicht erschreckend"

Mit Deepseek zeigen die Chinesen, dass es auch mit deutlich weniger Geld möglich ist, ein konkurrenzfähiges KI-Modell zu entwickeln, dessen Code zudem frei verfügbar ist, also für kommerzielle und akademische Zwecke kostenlos genutzt werden kann. Die Betriebskosten sollen nur ein Bruchteil so hoch sein wie beim großen Konkurrenten OpenAI. Die USA hatten mit großem Aufwand versucht, China an der Entwicklung eines solchen Modells zu hindern.

Deepseek soll mit dem neuesten KI-Modell von OpenAI mithalten können und es bei mathematischen und logischen Prozessen sogar leicht übertreffen "Die Ergebnisse sind aus Anlegersicht erschreckend", so die Marktstrategen von CMC.

Die Modelle von Deepseek haben es bei einem vielbeachteten Ranking in die globalen Top Ten nach Leistung geschafft. Am Wochenende waren beide Modelle unter den Top Ten von Chatbot Arena, einer Plattform der University of California in Berkeley. Auf dem ersten Platz war ein Gemini-Modell von Google. Deepseek schnitt besser ab als Claude von Anthropic und Grok von Elon Musks Unternehmen xAI.

Laut Deepseek zeigten sowohl R1 als auch V3 bessere Leistungen oder zumindest annähernd so gute Leistungen wie westliche Modelle. Die Chinesen kommen dabei - unter anderem wegen US-Exportbeschränkungen - mit schwächeren Chips aus als die US-Konkurrenz. Vor einer Woche wurde "R1" vorgestellt, ein spezialisiertes Modell zur Lösung komplexer Probleme. "Deepseek R1 ist eine der erstaunlichsten und beeindruckendsten Errungenschaften, die ich je gesehen habe", schrieb Risikokapitalgeber und Trump-Berater Marc Andreessen auf X. Experten sagen, dass die Technologie von Deepseek immer hinter der von OpenAI und Google zurückliegt. Aber sie sei trotzdem eine gefährliche Konkurrenz.

Billiges Training

Angeführt wurde die Entwicklung vom chinesischen Hedgefonds-Manager Liang Wenfeng, der als Gesicht der KI-Bemühungen Chinas gilt. Nutzer des im Dezember veröffentlichten Deepseek Premium-Modells V3 haben bemerkt, dass die KI sich weigert, sensible politische Fragen über China und Präsident Xi Jinping zu beantworten. In einigen Fällen gibt das Produkt Antworten, die mit der offiziellen Propaganda Pekings übereinstimmen, anstatt die Perspektive der Regierungskritiker einzubeziehen, wie es ChatGPT von OpenAI macht.

Deepseek hatte mitgeteilt, dass es ein Cluster von mehr als 2000 Nvidia-Chips genutzt hat, um sein V3-Modell zu trainieren. Modelle ähnlicher Größen verwenden zehntausende Chips. Einige externe Forscher sagten, dass Deepseek bestimmte Fähigkeiten vermissen lässt im Vergleich zu den aufwendiger trainierten Modellen. Offenbar lässt die Technologie auch Schritte aus, die US-Entwickler als notwendig ansehen. Deepseek gab an, dass das Training eines seiner neuesten Modelle 5,6 Millionen Dollar gekostet habe, verglichen mit den 100 Millionen bis 1 Milliarde Dollar, die Dario Amodei, Chef des KI-Entwicklers Anthropic, letztes Jahr als Kosten für den Aufbau eines Modells nannte.

Für das neueste Modell übersprang Deepseek einen Prozess, der als überwachte Feinabstimmung bekannt ist und bei dem Programmierer das Wissen menschlicher Experten einfließen lassen, um dem Modell einen Vorsprung zu verschaffen. Deepseek sagte, dass sein Modell, das zur Lösung kniffliger mathematischer Wortprobleme und ähnlicher Herausforderungen entwickelt wurde, mit dem Modell o1 von OpenAI vergleichbar sei, obwohl es auf eine überwachte Feinabstimmung verzichtete und sich auf verstärkendes Lernen konzentrierte - im Wesentlichen gezieltes Ausprobieren.

Jim Fan, leitender Forscher bei Nvidia, bezeichnete das Deepseek-Papier, in dem die Ergebnisse veröffentlicht wurden, als einen Durchbruch. Er schrieb auf X, es erinnere ihn an frühere bahnbrechende KI-Programme, die Brettspiele wie Schach "von Grund auf beherrschten, ohne vorher menschliche Großmeister zu imitieren". Zack Kass, ein ehemaliger leitender Angestellter von OpenAI, sagte, dass die Fortschritte von Deepseek trotz der amerikanischen Chip-Exportbeschränkungen "eine umfassendere Lektion unterstreichen: Ressourcenbeschränkungen beflügeln oft die Kreativität."

Quelle: ntv.de, jga/DJ/dpa


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