Die Unionsfraktion hat im Bundestag eine Anfrage zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen gestartet, von denen mehrere zu den jüngsten Demonstrationen gegen Rechts sowie gegen die CDU aufgerufen hatten. Die Kleine Anfrage mit dem Titel "Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen" stellt auf 32 Seiten 551 Fragen zu Organisationen wie Omas gegen Rechts, BUND und Greenpeace. Unterzeichnet wurde sie von "Friedrich Merz, Alexander Dobrindt und Fraktion". Die Links-Fraktion kritisierte die Anfrage als "Frontalangriff" auf die Demokratie, mehrere Verbände äußerten sich empört.
Zu den in der Anfrage gestellten Fragen gehört unter anderem: "Wie groß ist der Anteil der finanziellen Mittel des Vereins Omas gegen Rechts Deutschland, der aus staatlichen Förderprogrammen stammt?" Und: "Gibt es direkte Verbindungen zwischen dem Verein Omas gegen Rechts Deutschland e. V. und bestimmten Parteien oder politischen Akteuren?" Ähnlich lauten die Fragen zu den anderen politisch tätigen Organisationen.
Für die Links-Fraktion ist der Hintergrund klar: "Mit einer parlamentarischen Anfrage rächt sich die Union für die antifaschistischen Proteste der letzten Wochen und startet zugleich einen beispiellosen Angriff auf die demokratische Zivilgesellschaft", erklärte die Abgeordnete Clara Bünger. "Das erinnert an autoritäre Staaten und ist angesichts der Tatsache, dass die Union aller Wahrscheinlichkeit nach die nächste Bundesregierung anführen wird, äußerst besorgniserregend."
"Diese Fragenkanonade gegen unliebsame Organisation ist übergriffig", sagte auch Sven Giegold, Mitglied im Grünen-Bundesvorstand, dem "Spiegel". "Der Ministerialapparat wird missbraucht, um die Zivilgesellschaft zu überwachen. Hier geht es offensichtlich um einen Einschüchterungsversuch, noch bevor Merz' Kanzlerschaft überhaupt begonnen hat. Mich erinnert das an Methoden von Viktor Orbán und anderen autoritären Regierungen, die den Raum der Zivilgesellschaft einschränken."
"Ganz schlechtes Omen für kommende vier Jahre"
Die Fragen der Unionsfraktion beziehen sich unter anderem auch auf das Recherche-Netzwerk Correctiv, das Netzwerk Campact, das globalisierungskritische Netzwerk Attac, die Amadeu Antonio Stiftung, die Tierschutzorganisation Peta, die Organisation Animal Rights Watch, die Organisation Foodwatch, die Deutsche Umwelthilfe, Agora Agrar, Agora Energiewende, das Netzwerk Recherche und den Verein Neue deutsche Medienmacher*innen.
"Diese Anfrage zeigt: Der zu befürchtende Großangriff auf die emanzipatorische Zivilgesellschaft unter einer Regierung Merz hat begonnen", erklärte Attac zu der Anfrage. "Der Einsatz für soziale Gerechtigkeit und der Kampf gegen Rechts sind der Union offensichtlich ein Dorn im Auge", hieß es weiter. "Mit einer von der Springer-Presse gestützten Kampagne versucht die Union, Akteure der demokratischen Zivilgesellschaft gezielt zu diskreditieren." Damit setze die Union ein Vorgehen fort, das sie vor zehn Jahren mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit für Attac begonnen habe.
Kritik am Vorgehen der Union äußerte auch der Grünen-Europapolitiker Sergey Lagodinsky. "Diese Anfrage ist ein Angriff auf die freie Zivilgesellschaft in Deutschland", schrieb er auf X. Dies sei ein "ganz schlechtes Omen für die kommenden vier Jahre am Tag nach dem Wahltag". Lagodinsky sprach von "fast schon Trumpschen Verhältnissen".
"Am Tag nach der Bundestagswahl richtet sich die CDU/CSU gegen die Zivilgesellschaft", warf Amnesty International Deutschland der Unionsfraktion vor. Dabei werde den Nichtregierungsorganisationen unterstellt, "eine Schattenstruktur zu sein, die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt".
Fraktionen oder Abgeordnete in Fraktionsstärke können durch Kleine Anfragen schriftlich von der Bundesregierung Auskunft über bestimmte Sachverhalte verlangen. Kleine Anfragen werden im Bundestag nicht beraten. Sie werden vor allem von der Opposition, zu der die Union derzeit noch gehört, genutzt, um die Regierung zu kontrollieren und Informationen sowie Stellungnahmen zu erhalten. Die Fragen sind bei der Bundestagspräsidentin einzureichen und werden regulär innerhalb von 14 Tagen in Schriftform beantwortet. Diese Frist kann allerdings verlängert werden, wenn der Fragesteller damit einverstanden ist.
Quelle: ntv.de, mpa/AFP
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